Ärger mit den Franken-Krediten

Wien und Budapest liegen im Banken-Clinch

  • Manfred Maurer, Wien
  • Lesedauer: 3 Min.
Ungarn zieht sich mit einem Rettungsplan für Franken-Kreditnehmer den Zorn Österreichs zu. Den größten Teil der Zeche sollen nämlich österreichische Banken zahlen. Wien droht mit dem Gang zum Europäischen Gerichtshof.

Beim Geld hört sogar die sprichwörtliche österreichisch-ungarische Freundschaft auf. Der sonst stets freundlich lächelnde Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) nützte in dieser Woche den Brüsseler EU-Außenministerrat, um seinem ungarischen Amtskollegen Janosz Martonyi in schroffer Form den Unmut Österreichs mitzuteilen. Auslöser ist eine geplante Hilfsaktion für ungarische Fremdwährungskreditnehmer.

Die rechtskonservative Budapester Regierung will per Gesetz einen fixen Umrechnungskurs zum Schweizer Franken von 180 Forint festlegen. In Ungarn, aber auch in anderen osteuropäischen Ländern ohne Euro hatten vor einigen Jahren viele Häuslebauer Kredite in Franken aufgenommen. Sie wollten dadurch zum einen von den niedrigen Zinsen in der Schweiz profitieren, zum anderen werteten die Währungen in Osteuropa auf, was die Tilgung der Kredite erleichterte. Im Zuge der Euro-Krise hat der Franken zuletzt aber massiv aufgewertet, was den Kreditnehmern aber massive Probleme bereitet: In Ungarn wurden die Kredite bei einem Wechselkurs von 150 bis 165 Forint aufgenommen. Aktuell liegt der Franken bei rund 230 Forint. Konkret sollen 800 000 der 1,3 Millionen ungarischen Schuldner schon Probleme mit der Rückzahlung haben. Die Differenz zwischen staatlich verordnetem und realem Kurs soll das Problem jener vor allem österreichischen Banken sein, die den Ungarn in den vergangenen Jahren die Fremdwährungskredite aufgeschwatzt hatten.

Was der in Österreich gerade von der ÖVP hofierte Premier Viktor Orban als Teil seines Planes zur »Rettung des Landes« preist, treibt österreichischen Bankern die Schweißperlen ins Gesicht. Räumliche Nähe und historische Bande haben diese zu den Platzhirschen am ungarischen Geldmarkt werden lassen. Doch jetzt drohen sich die Goldesel in Fässer ohne Boden zu verwandeln. Vizekanzler Spindelegger übertrieb wohl, Österreichs Banken seien »in ihrer Existenz bedroht«. Doch es geht auch nicht um Kleingeld: Die Raiffeisenbank International (RBI) hat in Ungarn ein ausstehendes Volumen an Frankenkrediten im Umfang von 1,6 Milliarden Euro, die Erste Group etwa drei Milliarden. Bei der RBI geht es um immerhin 4,3 Prozent des gesamten Kreditportfolios, bei der Erste Group sind es etwas mehr als zwei Prozent.

Der österreichische Außenminister wertet die Pläne als »Verstoß gegen das, was wir in der EU aufgebaut haben«. Privatwirtschaftliche Verträge müssten eingehalten werden. Auch ein Vertreter der Oesterreichischen Nationalbank äußerte sich »bestürzt« darüber, wie ein EU-Mitglied Fakten schaffe, »die mit den Binnenmarktregeln kaum vereinbar sind«. Österreich zieht daher in Erwägung, via EU-Kommission den Europäischen Gerichtshof (EuGH) einzuschalten.

Ein Signal des Einlenkens bewirkten die österreichischen Proteste freilich in Budapest nicht. Wie schon vor einem Jahr bei einer Sondersteuer für die meist ausländischen Banken ignoriert Orban das Wiener Lamento, zumal das heimische Publikum durchaus Beifall klatscht, wenn er die Banken zur Kasse bittet.


Lexikon

Ein Fremdwährungskredit ist ein Kredit, der in einer ausländischen Währung aufgenommen wird. Die Kreditnehmer hoffen darauf, dass sich die Schuld durch Wechselkursveränderungen mit der Zeit verkleinert. Sie gehen damit aber eine riskante Wette ein. Wertet die fremde Währung nämlich wider Erwarten auf, steigt die zu tilgende Kreditsumme. Ferner richten sich die Zinssätze von Fremdwährungskrediten nach den gewöhnlich niedrigeren Zinssätzen in der Fremdwährung. KSt

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