Rückkehr der Immobilienkrise
Hauspreise in den USA fallen wieder in den Keller / Bauausgaben dümpeln vor sich hin
Hoch-Zeit für Schnäppchenjäger: Wer ein sicheres Einkommen hat, kann in den USA wahlweise billig bauen oder ein Eigenheim zum Spottpreis kaufen. Die US-Immobilienkrise setzt sich nämlich fort. Vor vier Jahren war in den Vereinigten Staaten eine Hauspreisblase geplatzt, die international die tiefste Finanz- und Wirtschaftskrise seit den 1930er Jahren auslöste. Heute ist es um den Markt für Wohnimmobilien wieder schlecht bestellt: Die Preise für Häuser liegen im Keller.
Wie ein Tsunami war 2007 die Krise über den Häusermarkt gefegt. Nachdem die Immobilienpreise vor allem in küstennahen Regionen am Pazifik und südlichen Atlantik jahrelang in die Höhe geschossen waren, platzte die Spekulationsblase und die Preise fielen rasant. In vielen Regionen waren Häuser plötzlich quasi wertlos, ihr Preis gleich null. Banken kündigten wegen des Wertverlustes Hypothekenkredite. Und da die überbewerteten US-Immobilienkredite von Banken zudem massenhaft, als Wertpapiere gebündelt, an Finanzakteure in alle Welt verkauft worden waren, schwappte die Krise nach Europa über. Am härtesten traf es freilich Millionen Amerikaner, die seither ihr Zuhause notverkaufen mussten und vor den Banken vor die Tür gesetzt wurden.
Seit Juni werden die USA nun wieder Schlag auf Schlag getroffen: Schlechte Noten in Stimmungsumfragen in der Wirtschaft, eine verspätete Einigung im Schuldenstreit zwischen Republikanern und Demokraten, die Herabstufung der USA durch die Ratingagentur Standard & Poor's und ein massiver Einbruch an den Börsen. »Da kann ein wesentlicher Auslöser der Finanzkrise, die Verwerfungen auf dem US-Immobilienmarkt, durchaus aus dem Fokus geraten«, schreibt Analyst Bernd Krampen von der Norddeutschen Landesbank in einer Studie. Er hält dies für einen Fehler: »Dabei hat der US-Markt wieder das Vorkrisenniveau erreicht«, so Krampen, der vor einer neuen Immobilienkrise mit unabsehbaren Folgen für die Weltwirtschaft warnt.
Noch vor zwölf Monaten hatte es nach Besserung ausgesehen. Die Konjunktur zog an und für US-Wohnimmobilien schienen die Preise wieder anzuziehen. Paradoxerweise beflügeln steigende Preise die Wirtschaft: Bauinvestoren, Projektentwickler und Fondsgesellschaften investieren dann, weil sie auf höhere Gewinne hoffen; junge Familien in New York und Rentner in Florida kaufen dann Häuser und Eigentumswohnungen, weil sie auch zukünftig höhere Preise erwarten. Sinkende Immobilienpreise, also Deflation, bremsen dagegen solche Aktivitäten: Man wartet lieber ab, bis die Preise auf ihr Tief gesunken sind. So sind die Leerstände bei Wohn- und Gewerbeimmobilien in den USA weiterhin hoch, und die Bauausgaben der Amerikaner dümpeln wieder auf Krisenniveau herum.
Das sind auch schlechte Nachrichten für heutige Hausbesitzer. Banken kündigen Hypothekenkredite leicht, wenn die Immobilie an Wert verliert. Und bei einem Zwangsverkauf ist der Erlös minimal. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Zwangsversteigerungen auf einen Rekordwert von über eine Million Häuser. Und mehr als 1,6 Millionen von den Kreditinstituten übernommene Immobilien warten laut dem Branchendienst Realty Trac noch auf einen Schnäppchenjäger.
Die Stimmung auf dem Immobilienmarkt ist entsprechend nahe dem Rekordtief, belegt der Hausbauindex NAHB. Mit einem weiteren Konjunkturpaket will Präsident Barack Obama die Wende schaffen. Kern der 447 Milliarden Dollar schweren Initiative sind Investitionen in die Infrastruktur. Das soll neue Arbeit in der Baubranche schaffen. Insgesamt hofft der Demokrat auf eine Million zusätzliche Jobs. Das würde allerdings nicht einmal das Loch stopfen, welches die Immobilienkrise riss: Die kostete bis heute fast drei Millionen Arbeitsplätze im Bausektor.
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