Rüffel von ganz oben

Im Ringen um ein striktes Nachtflugverbot erzwingen die Anrainer des neuen Berliner Flughafens ein erstes Zugeständnis

  • Marion van der Kraatz, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Die großen Schlachten sind geschlagen: Der Hauptstadtflughafen wird in einem Dreivierteljahr in Schönefeld eröffnet. Nun geht es für die Anwohner darum, trotz Fluglärms möglichst viel Schlaf zu bekommen. Am 13. Oktober wird das Bundesverwaltungsgericht dazu seine Entscheidung verkünden.
Leipzig/Berlin. Ihr Ziel ist das Verbot sämtlicher Nachtflüge am neuen Hauptstadtflughafen – ein Schreckensszenario für Wirtschaft und Politik. Doch die Anrainer und umliegenden Gemeinden des Flughafens Berlin Brandenburg Willy Brandt pochen auf ihren Schlaf. Zwei Tage haben sie am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig argumentiert, Ordner gewälzt, Karten ausgerollt. Mit welchem Erfolg – das wird erst das Urteil am 13. Oktober zeigen. Einen deutlichen Schritt weiter sind die Fluglärmgegner jedoch schon jetzt. Nach den heftigen Protesten über die Flugrouten wird Brandenburgs Landesregierung diese – anders als zunächst geplant – frühzeitig berücksichtigen.

Der richtige Ansatz

»Das neue Schutzgebiet soll in Kürze feststehen«, kündigte der Brandenburger Verkehrsstaatssekretär Rainer Bretschneider (SPD) am Mittwoch in Leipzig an. Sein Haus verpflichtet sich vor Gericht, den Planfeststellungsbeschluss entsprechend zu ergänzen.

Damit könnten weitere betroffene Anwohner Anspruch auf schalldichte Fenster und andere Schutzmaßnahmen erhalten. Kläger-Anwälte werteten die Erklärung als Zugeständnis. »Es ist gut, dass das Gericht den Finger in die Wunde gelegt hat«, sagte Eckhard Bock, Sprecher des Bürgerdialogs BBI. »Der Ansatz ist richtig, die bisherigen Schutzgebiete zu erhalten und eine potenzielle Erweiterung zu ermöglichen.« Den Weg dahin ebnete das Gericht mit einem Rüffel. »Es muss als hinreichende Konfliktbewältigung sichergestellt sein, dass es einen ausreichenden Lärmschutz gibt«, hatte der Vorsitzende Richter Rüdiger Rubel betont.

Auch wenn Staatssekretär Bretschneider hervorhob, sein Haus habe ohnehin entsprechende Überlegungen gehabt – ohne die Kritik des Gerichts hätte dies wohl noch gedauert. »Aus unserer Sicht war das jetzt der falsche Ort«, sagte der SPD-Politiker. Nach der Schelte durch das Gericht habe aber die Gefahr gedroht, dass es das bislang festgelegte Schutzgebiet kippt. Ein Grund, warum die Kläger – Anwohner-Gemeinden und Anrainer – Hoffnung schöpfen können. Sie bleiben jedoch misstrauisch. »Die Stoßrichtung der Fragen des Gerichts ist die Richtige«, so Ortwin Baier, Bürgermeister der Gemeinde Blankenfelde-Mahlow. »Die Frage ist nur, welche Konsequenzen die Richter daraus ziehen.«

Wie tickt Richter Rubel?

Richter Rubel hatte zum Auftakt der Verhandlung betont, dass es nicht um »eine Anhörung im Sinne von Heiner Geißler« gehe. Statt einer Kompromissbildung gehe es um die rechtliche Kontrolle der Nachtflugregelung. Doch tatsächlich nahm Rubel oft eine moderierende Rolle ein und bemühte sich um Konfliktbewältigung. Bohrende Fragen Rubels und der Berichterstatterin Renate Philipp bildeten dabei die Grundlage. »Die beiden haben ein Konzept – das ist ganz deutlich«, sagte ein Prozessbeobachter. Aber erst das Urteil werde es enthüllen – trotz aller deutlicher Kritik in einigen Punkten. »Wie sie ticken, wird nicht klar.«

Und so bleiben bei Klägern wie auch Flughafenbetreibern und Politikern gemischte Gefühle. »Ich hoffe nur, die Richter rechnen nicht mit zweierlei Maß«, sagte der Ortsvorsteher von Blankenfelde, Bernd Habermann. Wenigstens Beschränkungen in den sogenannten Randzeiten am späten Abend und am frühen Morgen nach dem Vorbild Hamburgs oder Düsseldorfs müssten drin sein.

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