Ignorierte Zeugen, zerstörte Beweise

31 Jahre nach dem Wiesn-Attentat wird der Ruf nach neuen Ermittlungen immer lauter

  • Lesedauer: 3 Min.
Es war das blutigste Attentat in der Geschichte der Bundesrepublik. Am 26. September 1980 riss eine Bombe auf dem Oktoberfest 13 Menschen in den Tod und verletzte über 200. Zum Jahrestag werden erneut Zweifel laut, ob ein einzelner Rechtsradikaler die Tat beging. Trotz jahrelanger Forderungen wurde das Verfahren bisher nicht wieder aufgenommen. Inzwischen wurde zudem bekannt, dass amtlich verwahrte Beweismittel von damals Ende der 1990er Jahre vernichtet wurden.

München (dpa/ND). Zum Jahrestag des Oktoberfest-Attentats vor 31 Jahren haben Politiker und Vertreter der DGB-Jugend ihre Forderung nach einer Wiederaufnahme der Ermittlungen erneuert. Bei einer Gedenkveranstaltung am Wiesn-Haupteingang in München, wo 1980 die Bombe des Rechtsextremisten Gundolf Köhler 13 Menschen in den Tod riss und mehr als 200 verletzte, warnten Redner am Montag auch vor aktuellen rechten Tendenzen.

Rund 100 Menschen, darunter Opfer und deren Angehörige, nahmen an dem Gedenken an dem Mahnmal teil, auf dem die Namen der Opfer eingraviert sind. Vertreter der Stadt München, der DGB-Jugend und des Bayerischen Jugendrings legten Kränze nieder.

Wer waren die Mitfahrer?

Die schrecklichen Ereignisse in Norwegen hätten gezeigt, dass ein solches Attentat wieder passieren könne und dass rechtsgerichtete politische Gewaltakte nicht der Vergangenheit angehörten, sagte die DGB-Jugendsekretärin Katharina Joho. Der einstimmige Aufruf des Landtags für eine Wiederaufnahme der Ermittlungen vom Februar sei ein erster Schritt in die richtige Richtung, es gebe aber noch viel zu tun. Der Präsident des bayerischen Jugendrings, Matthias Fack, rief zu Zivilcourage auf. Weder rechte Stammtischparolen noch die Verteilung rechter CDs auf Schulhöfen dürften geduldet werden.

Der damalige Attentäter Köhler, ein 21-jähriger Geologie-Student und früherer Anhänger der dann verbotenen rechtsextremistischen »Wehrsportgruppe Hoffmann«, hatte am 26. September 1980 nach einer verpatzten Prüfung den Sprengsatz mit 1,39 Kilogramm TNT in einem Mülleimer am Wiesn-Haupteingang deponiert. Er starb selbst bei der Explosion. Bis heute gibt es Zweifel, ob Köhler die Tat gut eine Woche vor der Bundestagswahl alleine und nur aus persönlichem Frust begangen hat. Augenzeugen wollen etwa in dem Auto, in dem Köhler nach München kam, Mitfahrer gesehen haben, die sich gestikulierend unterhielten. Spekuliert wird auch, dass Köhler mit anderen zusammen ein Nachahmungstäter war, der den Anschlag Rechter acht Wochen zuvor auf den Bahnhof von Bologna in Italien mit 85 Toten zum Vorbild nahm.

Diskussion im Landtag

Trotz jahrelanger Forderungen wurde das Verfahren bisher nicht wieder aufgenommen. Unterdessen wurde auch bekannt, dass amtlich verwahrte Beweismittel von damals Ende der 1990er Jahre vernichtet wurden. Für Montagabend hatten SPD und Grüne im bayerischen Landtag zu einer Podiumsdiskussion über das Attentat und den Rechtsextremismus eingeladen.

In diesem Jahr sollen neben mehreren hundert Polizisten erstmals auch knapp 200 Hochsicherheitspoller das Volksfest vor möglichen Terroranschlägen schützen. Drei Sperrgürtel sollen ebenfalls für Sicherheit sorgen.


Stadt München darf Gastwirte warnen

München (dpa/ND). Die Stadt München hat Rückenwind bei ihrem Kurs gegen rechte und islamfeindliche Gruppen erhalten. Die Stadt darf nach einer Entscheidung der Regierung von Oberbayern Gastwirte weiterhin vor rechtspopulistischen und rechtsextremen Organisationen warnen. Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) kündigte einen weiterhin offensiven Kurs gegen solche Gruppen an. Dies geht aus einer Mitteilung hervor, die am Wochenende bekannt wurde.

Im konkreten Fall wurde ein Wirt vor der Veranstaltung einer Gruppe in seinem Gasthaus darauf hingewiesen, dass diese zwar nicht vom Verfassungsschutz überwacht werde, jedoch islamfeindlich sei. Ein Vertreter der Gruppe beschwerte sich daraufhin bei der Kommunalaufsicht. Die Antwort der Regierungsbehörde fiel jedoch deutlich zugunsten der Stadt aus.

Die Fachstelle gegen Rechtsextremismus der Stadt, die seit etwa einem Jahr besteht, stellte laut Sprecherin schon vor einiger Zeit eine Checkliste für Wirte zusammen, um vor rechtsextremen Gruppen zu warnen.

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