92 000 Hektar zu wenig

Gegen weitere Urwälder in Bayern wird neuerdings die Energiewende ins Feld geführt

  • Lesedauer: 2 Min.
Bayern hat derzeit rund 23 000 Hektar wilden Wald - Waldgebiete, die komplett nutzungsfrei sind. Gemessen am Gesamtziel der Bundesrepublik, bis 2020 zehn Prozent des deutschen Waldes natürlich wachsen zu lassen, ist das deutlich zu wenig, sagen die Naturschützer.

Würzburg/Nürnberg (dpa/nd). Der Bund Naturschutz fordert deutlich mehr Naturwaldreservate und Nationalparks in Bayern. »Es gibt noch immer zu wenig geschützte Waldflächen, die komplett nutzungsfrei sind«, sagte Waldreferent Ralf Straußberger vom Bund Naturschutz im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Bayernweit gebe es derzeit etwa 160 dieser Reservate mit einer Fläche von rund 7000 Hektar, sagte Straußberger. Das entspricht in etwa der Größe des Chiemsees.

Die Bundespolitik habe sich 2007 verpflichtet, bis 2020 zehn Prozent des öffentlichen Waldes natürlich wachsen zu lassen. Im Freistaat wären das 115 000 Hektar - eine Fläche, die in etwa halb so groß ist wie das Saarland. Inklusive der Nationalparks und der Waldreservate schaffe es Bayern jedoch bislang nur auf 23 000 Hektar wilden Wald.

»Wir verlangen nicht von privaten Besitzern, dass sie ihren Wald stilllegen. Das wäre Enteignung. Hier ist der Staatswald am Zug«, sagte Straußberger. Ungeachtet der politischen Vorgaben aus Berlin habe sich Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) aber erst kürzlich explizit gegen den Schutz von nutzungsfreien Wäldern ausgesprochen.

Brunners Hauptargument sei die notwendige Nutzung des Holzes als Rohstoff und zur Energiegewinnung gewesen, sagt Straußberger. »Dass wir sonst die Energiewende nicht schaffen, ist doch ausgemachter Blödsinn.« Die werde ohnehin nicht mit der vermehrten Nutzung von Holz geschafft. »Dafür gibt es gar nicht ausreichend nachwachsendes Holz in den bayerischen Wäldern.« Das Argument, dass durch den Verzicht von Forstwirtschaft in den künftig nutzungsfreien Wäldern mehr Arbeitsplätze verloren gehen als gewonnen werden, will Straußberger ebenfalls nicht gelten lassen. »Nationalparks sind wahre Jobmaschinen. Dort wären viel mehr Ranger nötig als Förster«, sagte der Waldexperte. Zudem kurbele es in den strukturschwachen Regionen - in denen Wälder oft liegen - den naturnahen Tourismus an. »Wir erwarten, dass die Politik in solchen Regionen diese Chancen zumindest ernsthaft diskutiert.«

Das Hauptargument für mehr deutschen Urwald in Bayern sei die Artenvielfalt, sagt Straußberger. Vom Aussterben bedrohte Tiere und Pflanzen hätten wieder eine Chance, sich in deutschen Wäldern anzusiedeln. Schon jetzt fühle sich der Mittelspecht in einigen Naturwaldreservaten Bayerns wieder heimisch. »Da wird es noch einiges an Neuentdeckungen geben.« Etwa ein Viertel des deutschen Waldes steht im Freistaat.

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