König Boll regiert weiter

Drei deutsche Einzelmedaillen bei Tischtennis-EM

  • Peter Hübner, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Tischtennisstar Timo Boll muss in Europa keinen Gegner fürchten. Der WM-Dritte gewann zum Abschluss der EM in Gdansk sein fünftes Gold im Einzel und den 15. Titel insgesamt. Patrick Baum und Irene Ivancan holten zudem Silber an der Ostseeküste.

Timo Boll und sein Europa: Der Tischtenniskönig hat mit einem Glanzauftritt bei den EM in Gdansk seine Regentschaft verlängert und bleibt auf dem eigenen Kontinent unerreichbar. Das 4:1 am Sonntag im Finale gegen seinen Klubkollegen Patrick Baum brachte dem Ausnahmespieler von Borussia Düsseldorf das fünfte Einzelgold, den 15. EM-Titel und die 20. Medaille insgesamt. Im Sog der beiden Teameuropameister Boll und Baum, die bereits vor einem Jahr das EM-Finale in Ostrava bestritten hatten, trumpfte auch Irene Ivancan mit Silber bei den Frauen groß auf. Erst die gebürtige Chinesin Li Jiao (Niederlande), Nummer 15 in der Welt, bremste die Berliner Defensivstrategin mit 4:3 in einem hervorragenden Finale.

Boll fiel die von vielen Fans als »normal« eingestufte Titelverteidigung nicht leicht. »Ich musste mich auch quälen«, gestand der WM-Dritte. Der 30-Jährige spielte das Turnier ohne spezielle Vorbereitung quasi aus dem Stand, profitierte aber von seinem außergewöhnlichen Können, seiner Routine und großer Willensstärke. »Wenn der Gegner nicht locker lässt, lasse ich auch nicht locker. Ich habe mich von Tag zu Tag gesteigert«, sagte Boll. Nach dem Turnierende ging die Terminhatz gleich weiter. Am Montag startet in Berlin bereits die Werbetour für sein neues Buch.

»Das ist eine andere Welt«, urteilte der unterlegene Halbfinalist Bojan Tokic (Slowenien) über Bolls Spielniveau. Der Linkshänder trat sehr locker auf, verlor kein Match und hatte noch Zeit für eine Autogrammstunde am vorletzten EM-Tag. »Timo war sehr dominant. Er orientiert sich an den Chinesen und deren Schlagstärke«, sagte Bundestrainer Jörg Roßkopf, der im Finale dienstfrei hatte . Boll und Baum hatten - wie üblich bei internen Duellen - auf Betreuer verzichtet.

»Ein Timo Boll fährt nicht zur EM, um zu verlieren«, erklärte DTTB-Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig. Zweimal Gold und zweimal Silber in sechs Wettbewerben waren 160 Tage vor der Team-WM 2012 in Dortmund und 284 Tage vor dem Olympiaturnier in London eine gute, aber keine optimale Bilanz. »Wir haben einige Chancen liegen gelassen, mussten aber bei der Vorbereitung Kompromisse schließen. Wir werden die 160 Tage nutzen. Außerdem sind wir nicht die einzigen, die in Europa spielen können«, sagte Schimmelpfennig.

Die Teameuropameister Dimitrij Owtscharow (Orenburg) und Bastian Steger (Saarbrücken) ärgerten sich über das Aus im Viertelfinale. »Das ist extrem bitter«, sagte Owtscharow nach dem 3:4 gegen Tokic. Zwei Kantenbälle und ein Fehlaufschlag - »Mein einziger im ganzen Turnier« - warfen ihn zurück. »Nächstes Jahr probiere ich es erneut«, sagte der Weltranglisten-13.

Die deutschen Frauen nutzten unterdessen nur eine von fünf Medaillenchancen. Dabei feierte die 28-jährige Ivancan mit dem Attribut »erfrischend anders« sechs Jahre nach einem Kurzauftritt bei den EM 2005 ein tolles Comeback. »Ich spiele ein modernes Abwehrsystem«, urteilte Ivancan über ihre attraktive Spielweise mit mächtigem Vorhand-Topspin. Neben ihr deutete die deutsche Meisterin Zhenqi Barthel (Bingen) ihr gewachsenes Potenzial an. »Unsere Strukturen bei den Frauen greifen«, lobte Vizepräsidentin Heike Ahlert. Tadel gab es nur für die EM-Organisatoren. »Das war nicht in Ordnung. Wir wollen aber nicht nur mosern, sondern es besser machen«, sagte DTTB-Chef Thomas Weikert mit Blick auf die WM in Dortmund.

Endspiele Männer, Einzel

Boll - Baum (Düsseldorf) 4:1

Doppel

Schibajew/Skatschkow (Russland) -

Freitas/Gacina (Portugal/Kroatien) 0:4


Frauen, Einzel

Ivancan (Berlin) - Li (Niederlande) 3:4


Doppel

Paskauskiene/Fadejewa (Litauen/Russ-

land) - Dodean/Samara (Rumänien) 4:2

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