Kurz, aber heftig: Vier Wochen »OWS« sind erst der Anfang
Occupy Wall Street hatte erneut einen prominenten Verteidiger
Grossartig! Als vergangene Nacht Polizei anrückte, um das einzige Zelt (das "Krankenzelt" für die ärztliche Versorgung) am Zucchotti-Park abzureißen, tauchte wie aus dem Nichts plötzlich Jesse Jackson auf. Die Bürgerrechtsikone reihte sich in eine Menschenkette ein, die das Zelt innerhalb von Sekunden vor der NYPD zu schützen versuchte, und schaffte es dann durch direkten Kontakt mit dem leitenden Einsatzbeamten, den Konflikt zu entschärfen: die Polizei zog sich wieder an die Parkränder zurück, das Zelt blieb stehen. Wie über fast alles, was im besetzten Park vor sich geht, existieren auch über diesen Zwischenfall Bilder.
"Occupy Wall Street" konnte mit diesem mehr als symbolischen Erfolg auch einen kleinen Geburtstag feiern. Seit vier Wochen harren unweit des Casinos namens Wall Street Tag für Tag mindestens Tausend und Nacht für Nacht Hunderte aus, immer wieder drangsaliert von übereifrigen Cops, belagert von der rechten Presse, "wie im Zoo", meint eine Studentin.
Aber "OWS", wie das Protestlager abgekürzt heißt, lässt sich bisher weder kleinkriegen noch vereinnahmen. Innerhalb eines Monats wuchs es über sich hinaus. Am vergangenen Samstag fanden in 951 Städten in 82 Ländern unter dem Motto #GlobalChange Proteste statt. Initiiert hatten die weltweiten Demos spanische Aktivisten, die schon im Frühjahr die Idee zum globalen Aktionstag verbreitet hatten. Aber wirklich bekannt wurde der Tag in den vergangenen beiden Wochen, als "OWS" die mediale Aufmerksamkeit auf sich zog.
In einer kurzen OWS-Chronologie sieht die Besetzerzeitung "The Occupied Wall Street Journal" Proteste und Revolten in der arabischen Welt und in Europa als Auslöser.
17. Dezember 2010 Tunesien
25. Januar Ägypten
17. Februar Wisconsin/Ohio
26. März London
15. Mai Spanien
25. Mai Griechenland
6. August England
Die Zeitschrift "Mother Jones" lieferte zum gestrigen einmonatigen Bestehen von OWS einen Hintergrundbericht über die organisatorischen Grundlagen in New York, auf denen die Besetzung letztendlich aufbaute. Schon im Frühjahr hatte sich in einem Künstlerstudio nicht weit von der Wall Street entfernt eine Gruppe von Studierenden, linken Aktivisten, Künstlern und europäischen und arabischen Protestorganisatoren getroffen, um über „Funken" zu beraten, die eine neue soziale Bewegung in den USA entfachen könnten. Im Juli rief das kanadische linke Magazin "Adbusters", wohl eher ironisch gemeint, dazu auf, Manhattan zu besetzen. Am 2. August, dem Stichtag für die Erhöhung der berüchtigten Washingtoner Schuldenobergrenze, hielt die kleine Gruppe erstmals eine Demonstration vor der bronzenen Bullenstatue in Downtown Manhattan ab, der eine erste "Vollversammlung" folgte. Kurz darauf veröffentlichte "Adbusters" das inzwischen berühmte Bild von der Ballerina, die auf dem Bronzebullen tanzt, zusammen mit dem Aufruf, am 17. September Wall Street zu besetzen. Der Rest ist gerade einmal vier Wochen alt.
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