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Wegerecht - Streitpunkt zwischen Nachbarn
Elfriede W., 02739 Eibau
Wenn das so einfach wäre, liebe Frau W.! Findet man in Gemeinsamkeit keine Lösung, ist der Gang vors Gericht oftmals die einzige Möglichkeit, sich »seinen Weg zu bahnen«. Um so besser, wenn mans nicht braucht.
Nach § 96 BGB gelten Rechte, die mit dem Grundstück verbunden sind, als Bestandteile des Grundstücks, als dingliche Rechte. Dazu gehören neben den Eigentümerrechten auch diese Rechte einschränkende Dienstbarkeiten, die besagen, dass das Grundstück durch einen Dritten benutzt werden darf, z. B. durch das Wegerecht. Der Nachweis über die dinglichen Rechte wird mit Hilfe der Grundbücher geführt, geregelt in der Grundbuchordnung vom Jahr 1897, heute gültig in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Mai 1994.
Beim Wegerecht gilt generell: Fehlt einem Grundstück die zu einer ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg, so steht dem Nachbarn gemäß § 917 BGB ein Notwegerecht zu.
Es ist eine Vorschrift, die jedoch nicht alle Einzelheiten regelt. Es kommt halt immer auf die Umstände des einzelnen Falles an. Gegenseitige Rücksichtnahme und Kompromissbereitschaft sind auch heute die wichtigsten Grundlagen für eine außergerichtliche Einigung. In allen Fällen, wo es keine einvernehmliche Einigung gibt, muss das Notwegerecht gerichtlich durchgesetzt werden. Ob es Ihnen, liebe Frau W., gefällt oder nicht.
Bei Abschluss von Kaufverträgen sollte immer geprüft werden, ob im Kaufvertrag ein Wegerecht vermerkt ist und ob im Grundbuch eine entsprechende Grunddienstbarkeit - eben eine eingetragene Belastung des Grundstücks - vereinbart wurde. Durch ein Wegerecht vermindert sich auch der Verkehrswert des Grundstücks.
In den neuen Bundesländern waren bis Ende des Jahres 2001 bisher wahrgenommene Wegerechte geschützt, auch wenn sie bis dahin nicht im Grundbuch standen. Das bedeutete, dass auch ein im Grundbuch nicht eingetragenes Wegerecht Bestandsschutz hatte und ein Käufer dieses mit einem Wegerecht belastete Grundstück auch bis zu diesem Zeitpunkt gewähren musste.
Ab dem 1. Januar 2002 ist ein Grundstückskäufer nur dann zur Weitergewährung eines Wegerechtes über sein Grundstück gebunden, wenn es im Kaufvertrag ausdrücklich vereinbart wurde oder im Grundbuch als Dienstbarkeit eingetragen ist.
Zwischen Pächtern kann ein Wegerecht nicht vereinbart werden, weil das Notwegerecht eine Eigentumsbeschränkung darstellt und nur zwischen Grundstückseigentümern geltend gemacht werden kann.
Unsere Erfahrungen zeigen, dass in Kaufverträgen Wegerechte vereinbart werden, jedoch später oftmals Streitigkeiten auftreten, weil nicht genau vereinbart wurde, wer welche Verantwortung wahrzunehmen hat.
Auch hier gilt: Benutzt der Nachbar das gewährte Wegerecht allein, ist nur sicherzustellen, dass er zu seinem Grundstück gelangt. Liegt eine Befestigung des Weges im Interesse des Nachbarn, so hat er auch die Kosten allein hierfür zu tragen. Wenn jedoch beide Partner den Notweg nutzen, sollten die Einzelheiten der Kostenbeteiligung vereinbart werden.
Es ist daher zweckmäßig, einen Notwege-Vertrag abzuschließen, der folgenden Inhalt haben sollte:
- Eigentümer A eines im Grundbuch eingetragenen Grundstücks gewährt dem Eigentümer B ein Notwegerecht auf ebendiesem Grundstück (Verlauf des Weges genau bezeichnen, evtl. Skizze anlegen).
- Der Weg darf zu Fuß von Verwandten und Besuchern benutzt werden.
- Das Befahren des Weges sollte nur Fahrzeugen des Grundstücksnachbarn und der auf dem Grundstück wohnenden Familienangehörigen sowie Versorgungs- und Nothilfefahrzeugen gestattet werden.
- Verschließen des Tores - Kosten für anzufertigende Schlüssel, Kosten für Klingelleitung
- Veränderungen am Weg (Pflaster usw.) bedürfen der Zustimmung des Grundstückseigentümers A.
- Übernahme der Verkehrssicherungspflicht durch wen?
- Der Grundstückseigentümer B zahlt für den Notweg 100 EUR jährlich im Voraus, jeweils zum 1. Februar. Die Faustregel besagt: Etwa ein Zehntel des Wertes der benutzten Grundfläche ist angemessen (Renke Grundeigentum 1964, S. 299).
Nach § 23 a des Gesetzes zur Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes ist eine Teilung von Grundstücken zur Erholung und Freizeitgestaltung (so genannte Datschengrundstücke) möglich, wenn die Gesamtfläche über 1000 Quadratmeter beträgt. Auch in diesen Fällen kann es Streit zum Wegerecht geben. Es ist zu raten, dieses Recht möglichst im gegenseitigen Einvernehmen die zu regeln.
Auch im Zivilgesetzbuch der DDR, das 1976 in Kraft trat, wurden die Mitbenutzungsrechte an Grundstücken (Lagerung von Baumaterialien, Aufstellen von Gerüsten, Einräumen von Wegerechten und Überfahrtrechten) in den §§ 321 ff geregelt. Das Wege- oder Überfahrtrecht konnte aber musste nicht in das Grundbuch eingetragen werden. Heute muss es. So werden alle Rechtsfragen in Ostdeutschland Schritt für Schritt in bürgerliches Recht umgewandelt. Und da über Wegerechte immer mit den Eigentümern der Grundstücke verhandelt werden muss, kann es sein, dass eine Kommune sich sperrt und alles auf einen Alteigentümer schiebt.
Sie sehen, die grundbuchliche Sicherung dinglicher Rechte an einem Grundstück umfassen sehr komplizierte Rechtsfragen. Wer sich damit befassen muss, dem sei unbedingt sachkundige Beratung durch einen entsprechenden Verband oder Verein bzw. durch Fachanwälte oder Notare zu empfehlen.
ROSI BLASCHKE,
WILLIBALD FALKERT,
Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümerverein Niederbarnim Süd e.V.
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