Bei Griechenlands Ausstieg droht Kettenreaktion

Wenn Athen aus der Euro-Zone fällt, sind Spekulationsattacken gegen Italien und Spanien wahrscheinlich

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Nicolas Sarkozy haben dem griechischen Premier Giorgos Papandreou beim Krisengipfel in Cannes die Instrumente gezeigt: Keine Hilfsmittel mehr - und das Ende der Mitgliedschaft im Euro-Club. Doch das könnte eine gefährliche Kettenreaktion auslösen.

Der griechische Premier Giorgos Papandreou hatte es selbst klargestellt: Die von ihm geplante Volksabstimmung in Griechenland wäre automatisch auch ein Votum über Griechenlands Verbleib in der Euro-Zone gewesen. Bei einem »Nein« wäre somit erstmals ein Land wieder aus der Währungszone ausgeschieden. Das Referendum ist seit gestern wieder vom Tisch. Der Druck der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy beim mittwochabendlichen Treffen in Cannes hat Papandreou - neben den innenpolitischen Widerständen - zum Umdenken bewegt.

Beim Treffen in Cannes hatte Merkel ihre Prioritäten benannt: Es gehe »primär« darum, den Euro stabil zu halten. Die Euro-Länder seien auch »gewappnet«, falls Griechenland aus der Euro-Zone austrete.

Frankreichs Präsident Sarkozy wählte schärfere Worte: »Keinen Cent« würden die Griechen mehr bekommen, wenn sie sich nicht an die Regeln in der Euro-Zone hielten und den geforderten Sparkurs umsetzten. Die Griechen wollen Umfragen zufolge mit überwältigender Mehrheit in der Euro-Zone bleiben, lehnen aber gleichzeitig mehrheitlich die harten Sparauflagen ab.

Merkel und Sarkozy ließen offen, wie sie den Euro im Falle eines Austritts Griechenlands stabil halten wollen. Sie wissen warum. Die Ansteckungsgefahr der Euro-Krise ist offensichtlich. Italien, das nach Griechenland den höchsten Schuldenstand der Eurozone - gemessen an der Wirtschaftsleistung - hat, musste nach der Ankündigung des Referendums den höchsten Risikoaufschlag für italienische Staatsanleihen seit Einführung des Euro an den Finanzmärkten im Jahr 1999 hinnehmen. Italien muss 4,34 Prozentpunkte mehr berappen als Marktführer Deutschland, das derzeit zwei Prozent für zehnjährige Staatsanleihen bieten muss.

Italien wie auch Spanien haben einen immensen Refinanzierungsbedarf in den kommenden Jahren: Bis 2014 benötigt Rom 650 Milliarden Euro, Madrid braucht 450 Milliarden Euro. Wenn sie für ihre Staatsanleihen den Marktzugang zu akzeptablen Zinssätzen verlieren, droht ihnen das, was Griechenland gerade vorexerziert: ein ungebremster wirtschaftlicher Niedergang, den kein Rettungspaket oder -schirm aufhalten kann - von den gleichsam von Insolvenz bedrohten, stark involvierten Banken ganz abgesehen. Viel Zeit bleibt Merkel nicht, um mit einer Zustimmung zu einer smarten Form von Euro-Bonds den wiederkehrenden Spekulationsattacken den Boden zu entziehen und eine Kettenreaktion abzuwenden.

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