Regierungssuche kurz vorm Ziel
Konservative und Sozialisten im griechischen Kabinett
Fieberhaft wurde auch am Montag in Athen an der Zusammenstellung der neuen Regierung gearbeitet. Bis zum späten Nachmittag jedoch war der Wunschkandidat des Noch-Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou und des Noch-Oppositionsführers Antonis Samaras nicht einmal in Athen eingetroffen: Lucas Papademos, der ehemalige Vizevorsitzende der Europäischen Zentralbank, ist die unbestrittene Nummer eins auf der Liste der Favoriten für das Amt des Premiers. Ziemlich sicher ist auch der Verbleib des amtierenden Finanzministers und Vizepremiers Evangelos Venizelos in der Regierung. Als zweiter Vizepremier wird Stavros Dimas gehandelt. Der ehemalige EU-Kommissar für Umwelt gehört der Nea Dimokratia (ND) an, ist jedoch als ein mehr an Sachfragen und weniger an Parteiinteressen orientierter Pragmatiker bekannt.
Samaras wäre es sicherlich recht, wenn Dimas der einzige Vertreter seiner Partei in der Übergangsregierung bliebe. Alle derzeitigen Umfragen sehen die Nea Dimokratia als stärkste Partei aus den über kurz oder lang anstehenden Wahlen hervorgehen. Samaras unterstützt zwar die Ziele Haushalts- und Schuldenkonsolidierung, befürwortet einen Schuldenschnitt und möchte das Land in der Euro-Zone halten. Gleichzeitig aber hat er seinen potenziellen Wählern harte Nachverhandlungen des Schuldenpakets versprochen. Eine Niederlage in solchen Verhandlungen bei der jetzt für die Übergangsregierung anstehenden Verabschiedung des Schuldenschnitts könnte die Nea Dimokratia den schon sicher geglaubten Wahlsieg kosten.
Von den anderen im Parlament vertretenen Parteien wird sicher keine in der Regierung vertreten sein. Die von ND-Aussteigerin Dora Bakogianni gegründete Demokratische Allianz wird die Arbeit der Übergangsregierung jedoch unterstützen. Die rechtspopulistische LAOS-Partei machte ihre Unterstützung noch von verschiedenen Bedingungen abhängig.
Die aus der Linkspartei Synaspismos des Linksbündnisses SYRIZA abgespaltene Demokratische Linke nimmt ebenfalls nicht an der neuen Regierung teil und lässt eine Unterstützung offen. Die beiden linken Parteien fordern sofortige Neuwahlen statt einer Übergangsregierung. »Das derzeitige Parlament hat nicht die politische Legitimität, die Zukunft der Lohnabhängigen für die nächsten Jahrzehnte zu verpfänden«, erklärte der Fraktionsvorsitzende von SYRIZA, Alexis Tsipras. Und die Vorsitzende der Kommunistischen Partei Griechenlands rief das Volk dazu auf, »die Regierung schnell zu stürzen«.
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