Ein Mahngang durch die Stadt
21. Antifaschistischer Ratschlag in Gera
Egal wo und egal wann, ein Vergessen der Opfer des Faschismus und Rassismus darf es nicht geben. Ob geschichtliche Momente und bekannte Opfer oder unbekannte und nicht so oft publizierte Vorgänge der neueren Vergangenheit. So beschreibt eine Teilnehmerin des »Antifaschistischen und Antirassistischen Mahngangs« in Gera am vergangenen Freitag die Grundlage und die Notwendigkeit dieser Veranstaltung. Der Mahngang fand im Rahmen des 21. Antifaschistischen-antirassistischen Ratschlags in Thüringen statt.
Dass dieser Mahngang notwendig ist, zeigten auch Reaktionen der Anwohner angrenzender Wohnhäuser an den verschiedenen Halte- und Redepunkten der Veranstaltung. »Die sollen lieber arbeiten gehen«, sagte ein Rentner. Er war sich wohl nicht im Klaren darüber, dass freitags gegen 18 Uhr auch Arbeitstätige an einer Demonstration teilnehmen können.
Für jemanden, der 1989 an den damaligen Geraer Demonstrationen teilnahm, ist es schwer zu erklären, wie ein über 60-jähriger Mann so leichtfertig gegen junge und aktive Menschen wettern kann, die für nichts anderes als Gleichberechtigung und lebenswertes Leben demonstrieren. Dabei sollte doch gerade in einer Stadt, in der jedes Jahr eines der größten Events der neofaschistischen Szene stattfindet, Sensibilität gegenüber dem Thema Rechtsextremismus herrschen. Insgesamt nahmen 80 bis 90 Menschen an dem Mahngang teil. Sie gehörten zu einem parteiübergreifenden Bündnis, zu dem LINKE, SPD und Grüne, Kirchen und andere Organisationen zählen. Gestartet wurde am Südbahnhof, dann ging es weiter zu insgesamt fünf Kundgebungspunkten, unter anderem zum Denkmal der ehemaligen Geraer Synagoge.
Beeindruckend waren hier die Reden des evangelischen Jugendpfarrers Kleim aus Gera. Die Teilnehmer des Mahnganges gedachten an markanten Punkten der Stadt noch einmal der Opfer faschistischer und rassistischer Übergriffe auf Geraer Boden. Der kleinste gemeinsame Nenner war dabei, die Stadt Gera nicht den örtlich ansässigen Nazis zu überlassen und die Opfer des Faschismus und Rassismus nicht zu vergessen.
Letzter Kundgebungspunkt war die Geraer Spielwiese. Dort versammeln sich jedes Jahr hunderte Neonazis, um den offiziell als Parteiveranstaltung geltenden »Rock für Deutschland« der NPD Gera zu besuchen.
Am nächsten Tag fanden im Geraer Zabelgymnasium Workshops zu den Themen »Rassismus« und »Faschismus« statt. Es ging um die Entwicklung der Nazimusikszene, um Nazis in Parlamenten oder auch um Versammlungsrecht und ähnliches. Insgesamt war dieser 21. Antifaschistische-antirassistische Ratschlag in Thüringen eine gut organisierte Veranstaltung, die aber mehr Publikum verdient hätte.
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