Christstollen aus der Krypta

In Mainz reift das Adventsgebäck in den Gewölben unter dem Dom

  • Robert Luchs, Mainz
  • Lesedauer: 2 Min.
In diesen Tagen öffnen vielerorts die Weihnachtsmärkte, an den Standorten wird gehämmert und geschraubt. In Mainz gibt es eine besondere Art der Vorbereitung auf die Adventszeit.
1500 Christollen wurden in der Domkrypta eingelagert.
1500 Christollen wurden in der Domkrypta eingelagert.

Zwar heißt der würzige Kuchen Christstollen, doch da endet für viele schon der Bezug zur Kirche. Anders in der Domstadt Mainz, wo findige Bäcker ganz neue Wege gehen, um den Geschmack des weihnachtlichen Gebäcks noch zu verfeinern.

Den »Mainzer Domstollen« wird traditionell in der Adventszeit angeboten, doch die richtige Reife erhält er erst durch die entsprechende Lagerung. Was liegt näher, sagten sich Mitarbeiter von Werner´s Backstube, als die Christstollen dort zu deponieren, wo optimale klimatische Bedingungen herrschen: in der Ostkrypta des traditionsreichen Mainzer Doms.

So wurden Schub für Schub insgesamt 1500 Stück des leckeren Festtagsgebäck in das Gotteshaus gekarrt. Dort liegen sie nun und »reifen« vor sich hin, wie Experten erklären. Jeder Stollen wird in einer Blechdose ohne weitere Verpackung aufbewahrt, denn erst dann erhalte er seinen unverwechselbaren Geschmack. Wenn der Weihnachtsmarkt vor dem Dom eröffnet wird, werden die Christstollen wieder ans Tageslicht befördert und für 17,99 Euro pro Stück verkauft - auch in den Filialen der Bäckerei. Domdekan Heinz Heckwolf versichert schmunzelnd, das Weihnachtsgebäck würde trotz wochenlanger Lagerung in der Krypta nicht nach Weihrauch schmecken.

Auch der Mainzer Dombauverein profitiert vom Verkauf der Christstollen. Die Vorsitzende Sabine Flegel rechnet mit einem Erlös von rund 5000 Euro, die in die dringend notwendige Restaurierung des Doms fließen sollen. Vom Verkauf in den Backstuben erhält der Dombauverein jeweils zwei Euro pro Stollen. Fünf Euro sind es, wenn er auf dem Weihnachtsmarkt vor dem Dom oder im Sonderverkauf veräußert wird.

Der Christstollen hat eine lange Tradition: Der erste Stollen wurde vermutlich 1329 für Bischof Heinrich in Naumburg (Saale) ohne Butter mit Mehl, Hefe und Wasser als Fastengebäck, als »Christbrot«, auf den Tisch gebracht. Erst viele Jahre später gestattete Papst Innozenz VII. die Verwendung von Butter. Dass die Form und das Aussehen des Stollens dem gewickelten Christkind ähneln sollen, gehört in das Reich der Sagen.

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