Das letzte Rohr aus Sassnitz
Rügener Pipeline-Fabrik ohne Nachfolgeauftrag
Sassnitz. Im Sassnitzer Rohrwerk des französischen Pipelinebauers Eupec stehen die Maschinen still. Der Auftrag des Nord Stream-Konsortiums zur Betonummantelung von 126 000 Rohren für die Ostsee-Pipeline ist nach zweieinhalb Jahren abgearbeitet. Das letzte Stahlrohr sei bereits am 11. November mit einer Betonhülle versehen worden, sagte eine Unternehmenssprecherin.
Nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) sollen bis zum Jahresende die ersten 58 von insgesamt rund 200 Mitarbeitern gehen. Diese waren über eine Zeitarbeitsfirma für die Dauer des Projektes beschäftigt worden. Derzeit lagern noch 20 000 Rohre für den zweiten Erdgasstrang durch die Ostsee auf dem Hafengelände. Sie sollen bis zum Frühjahr von einem Teil der Eupec-Beschäftigten umgeschlagen werden.
Bewusste Täuschung?
Eupec hatte vor drei Jahren für das Nord Stream-Projekt für rund 100 Millionen Euro zwei baugleiche Rohrummantelungswerke in Sassnitz und im finnischen Kottka errichtet. In den Werken erhielten die jeweils zwölf Meter langen Stahlrohre für die beiden Stränge der 1200 Kilometer langen Gasleitung einen Betonmantel. Dieser schützt vor Korrosion und hält die Leitung am Meeresgrund. Eupec hatte immer wieder angekündigt, sich für das Werk in Sassnitz um Folgeaufträge zu bemühen. Die gibt es aber bisher nicht.
Nach Einschätzung der IG Metall hat sich Eupec nie ernsthaft um Folgeaufträge bemüht. »Mit der Ansage wurden lediglich die Mitarbeiter motiviert, alles aus sich herauszuholen«, sagte eine Stralsunder Gewerkschaftssekretärin. Sie übte Kritik an den Arbeitsbedingungen im Werk. Teilweise seien Mitarbeiter von sechs Zeitarbeitsfirmen für das Rohrwerk tätig gewesen. Nur Verwaltungsmitarbeiter, Meister und Vorarbeiter hätten direkt für Eupec gearbeitet. »Die haben billig arbeiten lassen - für eine befristete Sache«, sagte die Gewerkschafterin.
Der Agentur für Arbeit in Stralsund liegt inzwischen die Anzeige der Zeitarbeitsfirma GI Group vor, die die Entlassung von 58 Mitarbeitern ankündigt. Die Firma ist gesetzlich verpflichtet, Massenentlassungen über 50 Personen anzuzeigen. Die GI Group, die eigenen Angaben zufolge rund 100 Mitarbeiter bei Eupec beschäftigt, will die Zahl der zu Entlassenden nicht bestätigen. Derzeit würden alle Möglichkeiten geprüft, Mitarbeiter in anderen Projekten unterzubringen, sagte eine Sprecherin.
Druck vom Land gefordert
Wie es auf dem Grundstück am Sassnitzer Fährhafen weitergeht, ist noch unklar. Die Halle wie auch der Maschinenpark gehören Eupec, das dazugehörige Grundstück dem Fährhafen Sassnitz. Zur Dauer der Vertragslaufzeiten für das an Eupec verpachtete Grundstück machte der Fährhafen keine Angaben.
Der DGB rechnet nicht damit, dass Eupec bis zum Frühjahr 2012 Folgeaufträge an Land ziehen wird. DGB-Regionalchef Volker Schulz fordert für die Folgenutzung »mehr Druck« vom Wirtschaftsministerium. Das Land ist mit zehn Prozent an der Fährhafengesellschaft beteiligt.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.