Überwachungswaffen offen gelegt

Softwarefirmen halfen Staaten bei Internet- und Handyüberwachung

  • Ralf Hutter
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlichte Dokumente über die »globale Überwachungsindustrie«.

Angekündigt war eine Kritik am Stand der Internet-Sicherheit sowie die Veröffentlichung eines neuen Internet-Briefkastens, über den es möglich sein soll, der Enthüllungsplattform Wikileaks (WL) brisante Dokumente zukommen zu lassen (siehe »nd« vom 26.11.). Doch die ursprünglich für Montag angesetzte Pressekonferenz, die nun gestern in London stattfand und über das Internet verfolgt werden konnte, diente einer Riesenenthüllung. WL hat es wieder geschafft, Regierungen in aller Welt schlecht aussehen zu lassen.

Dieses Mal sind auch Unternehmen im Fokus der Kritik. 160 von ihnen aus 25 Ländern finden seit gestern eigene Produktpräsentationen bei WL, insgesamt sollen es 287 Dokumente sein. Darin werde anschaulich, so WL, wie weit die Überwachung der Bevölkerung schon gediehen ist. Jegliche telefonische Kommunikation, E-Mails und Facebook-Kontakte könnten nicht nur abgehört, beziehungsweise eingesehen werden, sondern die ungeheuren Daten würden auch auf immer effektivere Weise ausgewertet.

Dem IT-Informationsportal The Register zufolge stammen die veröffentlichten Dokumente von der britischen Organisation Privacy International. Die soll es geschafft haben, sich in Messen für Sicherheitstechnik einzuschleusen und dort nicht nur gesehen haben, wie staatliche Bedienstete aus aller Welt Schlange standen, sondern auch die vielen Produktinformationen erhalten haben.

Der springende Punkt dabei: Viele, womöglich die meisten Applikationen und Verkäufe sind legal - aber das schiere Ausmaß der gesammelten Daten macht vielen Angst. »Es sind Systeme, wie sie die Stasi immer haben wollte«, befand der Hacker Jacob Appelbaum auf der Pressekonferenz. Noch brisanter ist dabei, dass die Regimes etwa von Syrien, Tunesien, Ägypten und Libyen seit Jahren mit Überwachungssoftware beliefert worden sein sollen. So habe die französische Firma Amesys 2006 Software an Libyen geliefert, die in Frankreich verboten gewesen wäre. Es gebe weltweit kein Gesetz, das so etwas verhindere, so das Podium. Es konterte die Kritik, dass die Enthüllungen nichts grundsätzlich neues brächten, mit dem Hinweis auf die nun zugängliche Detailfülle.

www.wikileaks.org/the-spyfiles.html

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