Asiatischer Grundlohn?

Aktivistin May Wong kritisiert Ausbeutung in Outdoor-Branche / Die Soziologin ist die Direktorin der Initiative »Globalization Monitor«, die sich für Sozialrechte im Textilsektor Chinas einsetzt

  • Knut Henkel
  • Lesedauer: 3 Min.
Fragwürdig – Asiatischer Grundlohn?

nd: Sie sind in Europa, um auf die Arbeitsbedingungen in den Fabriken aufmerksam zu machen, wo Outdoor-Kleidung, aber auch Skate und Surf-Bekleidung hergestellt wird. Unter welchen Bedingungen werden diese Produkte in China und anderen asiatischen Ländern produziert?
May Wong: Wir kritisieren in erster Linie die niedrigen Löhne und die Überstunden, die die Arbeiter und Arbeiterinnen in aller Regel leisten. 14 Stunden sind keine Seltenheit. Darüber hinaus gibt es ernste Probleme, unabhängige Gewerkschaften in China zu gründen. Wir haben es in der ganzen Region mit relativ schwachen Gewerkschaften zu tun. Sexuelle Belästigung ist ein weiteres ernstes Problem.

Welche Rolle spielen Audits und ein Monitoring - lässt sich darüber etwas verbessern?
Wir sind der Meinung, dass die Arbeiter selbst das beste Monitoring machen. Man braucht nur sie zu fragen und ihre Aussagen ernst zu nehmen - schließlich arbeiten sie in den Fabriken, die die Auditoren bestenfalls einmal im Jahr besuchen. Natürlich gibt es Auditoren, die einen guten Job machen, aber auch welche, die hinters Licht geführt werden, und andere, die offensichtlich mit dem Unternehmen unter einer Decke stecken. All das kostet viel Geld, eine direkte Zusammenarbeit mit den Organisationen der Arbeiter wäre sicherlich deutlich billiger.

Lassen die Gewinnmargen im Outdoor- und Freizeitsektor keine fairen Löhne zu?
Der Lohn macht in aller Regel den kleinsten Teil an den Kosten eines Outdoor-Kleidungsstücks aus. Es ist überfällig, einen fairen Lohn durchzusetzen. Und genau deshalb haben wir uns zur Kampagne für einen »Asiatischen Grundlohn« entschieden. Es geht dabei um einen existenzsichernden Lohn, der es den Familien erlaubt, in Würde zu leben.

Wie reagierten die lokalen Regierungen auf die Initiativ?
Unser Ziel ist es, die lokalen Regierungen auf unsere Seite zu bekommen, um faire Löhne durchzusetzen. Das wird nicht einfach.

Wie hoch liegt der »Asiatische Grundlohn« beispielsweise über dem Mindestlohn in China?
In China ist der Mindestlohn mehrfach angehoben worden. Im Januar wird er erneut um zehn Prozent steigen, um die Inflation zu kompensieren. Derzeit werden bis zu 1300 Renminbi (rund 150 Euro) Mindestlohn im Monat in einzelnen Regionen Chinas gezahlt. Der von uns berechnete »Asiatische Grundlohn« beträgt hingegen 1846 Renminbi. Wir sprechen also von einem Lohnanstieg um ein Drittel. Der Grundlohn orientiert sich an einem achtstündigen Arbeitstag und an dem Bedarf einer vierköpfigen Familie.

Wie haben die Unternehmen bisher reagiert?
Sehr unterschiedlich, es gibt Unternehmen, die gar nicht erst reagiert haben, und es gibt andere, die haben konkrete Maßnahmen ergriffen. So sind Vaude und Jack Wolfskin der unabhängigen internationalen Initiative »Fairwear Foundation« beigetreten. Diese tritt für faire Löhne und Arbeitsbedingungen im Textilsektor ein und unterstützt unsere Initiative zum »Asiatischen Grundlohn«. Es gibt also auch fortschrittliche Unternehmen, die Bewegung in die Branche gebracht haben, und das ist überaus positiv.

Fragen: Knut Henkel

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