Wahltag in Russland

Nichtstaatliche Beobachter klagen über Behinderungen

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.
Als erster Schritt zum geplanten Ämtertausch zwischen Präsident Dmitri Medwedjew und Premier Wladimir Putin wurde am Sonntag in Russland ein neues Parlament gewählt. Am Sieg der Regierungspartei Einiges Russland gab es keinen Zweifel.

Wichtig sei nicht, welcher Partei die knapp 110 Millionen Wähler ihre Stimme geben, sondern dass sie es überhaupt tun. Noch am Sonnabend, dem »Tag der Stille«, als die sieben Parteien, die sich bei den Parlamentswahlen um die 450 Sitze in der Staatsduma bewarben, nicht mehr agitieren durften, rang Russlands oberste Wahlleitung noch um jede Stimme. Das Dauerfeuer hatte Erfolg: Trotz des trüben Frühwinterwetters hatten landesweit gegen 13.00 Uhr Moskauer Zeit bereits mehr als 25 Prozent der Stimmberechtigten ihr Kreuz gemacht. Deutlich mehr als zum gleichen Zeitpunkt vor vier Jahren.

Früh auf den Beinen waren vor allem die Politiker: KP-Chef Gennadi Sjuganow, Ultranationalist Wladimir Shirinowski, der von der Regierungspartei Einiges Russland (ER) als Spitzenkandidat gesetzte Präsident Dmitri Medwedjew mit Ehefrau Swetlana und Premier Wladimir Putin, der ohne Gattin Ljudmila erschien und mit undurchdringlichem Gesicht. Obwohl er nach eigenen Worten bester Laune war und ein gutes Ergebnis für seine Einheitsrussen erwartete.

Im Fernen Osten und Teilen Sibiriens, wo die Zeit der Moskauer um mehrere Stunden voraus ist, hatte da bereits die Auszählung der Stimmen begonnen. Ergebnisse wurden erst nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe bekannt.

Zunächst, berichtete die halbamtliche Nachrichtenagentur RIA Nowosti, hätten die knapp 700 internationalen Beobachter, Vertreter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, des Europarates und der UdSSR-Nachfolgegemeinschaft GUS, bei der Stimmabgabe keine bedeutsamen Verstöße gegen geltendes Recht festgestellt. Umso kritischer hatten sich westliche Beobachter allerdings zum Wahlkampf geäußert. Kritisiert wurden vor allem ungleiche Chancen für die Opposition und massive Behinderung von Beobachtern und nichtstaatlichen Organisationen.

So hatten drei ER-Abgeordnete Ende letzter Woche ein Verfahren gegen »Golos« (Stimme) angestrengt. Der auf Wahlbeobachtung spezialisierten Organisation wurde vorgeworfen, sie würde durch Spenden aus dem westlichen Ausland finanziert, was auf Einmischung in innere Angelegenheiten Russlands hinauslaufe. Golos-Mitarbeitern wurde daraufhin in mehreren Regionen der Zutritt zu den Wahllokalen versagt. In Samara an der Wolga durften selbst die von den Oppositionsparteien nominierten Mitglieder der Wahlkommissionen die Wallokale erst nach deren Öffnung betreten. So lasse sich nicht feststellen, ob zuvor Stimmzettel eingeworfen wurden, klagte Golos-Chefin Lilija Schibanowa, die am Vortag zwölf Stunden lang auf dem Flughafen Moskau-Scheremetjewo festgehalten worden war. Das von ihrer Organisation eingerichtete unabhängige Pressezentrum war gegen Mittag des Wahltages ohne Internetzugang.

Schon kurz nach acht, als in Moskau die Wahllokale öffneten, hatten Hacker die Website des kritischen Radiosenders »Echo Moskwy« lahmgelegt. Sie konnte bis in den frühen Abend hinein nicht aufgerufen werden. Mit der Attacke, vermutet Echo-Chefredakteur Alexej Wenediktow, sollen vor allem Meldungen über Verstöße und Manipulationen verhindert werden. Dadurch würden neue Zweifel an der Legitimität der Abstimmung und ihrer Ergebnisse aufkommen. Selbst Wohlmeinende fragen sich, ob die Einheitsrussen als klare Favoriten derartige Hütchenspielertricks nötig haben.

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