Die Schokoladenseite der DDR

Geschichten von Bambina und Süßtafeln

  • Heidrun Böger
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Leipziger Historikerin Jana Männig hat sich in einem Buch mit der DDR-Süßwarenindustrie beschäftigt. Eine Lesung findet am morgigen Donnerstag im Leipziger Frauenkulturzentrum statt.

Schokolade in der DDR - da werden Erinnerungen wach an Bambina, Katzenzungen und Knusperflocken. Die Leipziger Historikerin Jana Männig hat ein Buch dazu geschrieben, es bietet Bekanntes, aber auch überraschende Einblicke.

»Natürlich wusste jedes Kind, dass Kakaobohnen knapp waren, immerhin mussten sie gegen harte Devisen eingeführt werden«, erzählt Jana Männig. Doch bekanntlich war man damals erfindungsreich. In den Betrieben ersetzte man die teure Kakaobutter durch Palmfett. Das musste zwar auch eingeführt werden, aber die DDR konnte Maschinen dafür liefern, Devisen waren nicht nötig.

Rosinen aus Trester

Die Historikerin weiß durch ihre Recherchen quer durch die neuen Bundesländer, dass die Arbeiter oft mit großem Erfindungsreichtum zu Werke gingen. War eine Maschine kaputt, wurde auch mal im Bekannten- und Freundeskreis rumgefragt, wer sie reparieren konnte. Als Lohn gab´s dann eine große Kiste Zetti-Schokoladentäfelchen. »Orangeat« wurde aus Möhrenpaste hergestellt, »Rosinen« aus Apfeltrester, einem Pressrückstand bei der Herstellung von Apfelsaft.

Es sind Geschichten wie diese, die typisch waren für die Schokoladenindustrie der DDR, die sich immer an Milka und Sarotti maß. Wie »richtige« Schokolade schmeckte, wussten die Leute, war sie doch ein beliebtes Geschenk der Westverwandtschaft. Jana Männig ist für ihr Buch viel herumgereist und hat sowohl in den - soweit vorhanden - betrieblichen Archiven recherchiert als auch mit den damals Verantwortlichen gesprochen hat. Entstanden ist ein unterhaltsames Buch, das beide Seiten - Licht und Schatten - darstellt.

»Es gab Kurioses«, erzählt die 41-jährige Autorin: »Schokolierte Gelee-Bananen zum Beispiel waren im Westen der Renner.« Die kamen schön einzeln verpackt daher, sahen also mitnichten nach DDR aus und waren zudem preiswerter als westdeutsche Gelee-Bananen. Und bei der so genannten Gestattungsproduktion lieferte der westdeutsche Partner die Maschinen und das Geheimrezept zum Beispiel für einen Kakaotrunk.

1000 Tafeln pro Minute

In der DDR kam der Schokoladenproduktion wie dem gesamten Süßwarenbereich eine große Bedeutung zu, zum Beispiel wurde in den 50er Jahren das Geld, das durch Süßwaren made in GDR hereinkam, zum Aufbau des Schwermaschinenbaus genutzt. Schokolade war auch nicht preiswert: 2,30 Mark kostete die billigste Tafel, für einen großen Pralinenkasten musste man schon 12 Mark zahlen, viel Geld bei Gehältern um die 600 Mark.

Auffallend ist, dass nach der Wende verhältnismäßig viele Produktionsstätten erhalten blieben, wenn auch oft mit jetzt westdeutschem Besitzer. Jana Männig: »In Saalfeld zum Beispiel hatte man noch Mitte der 80er Jahre eine hochmoderne Anlage aufgestellt, die unglaubliche 1000 Tafeln Schokolade pro Minute produzierte.« So gibt es auch heute noch Grabower Schaumküsse, Bambina und Schlagersüßtafeln genauso wie die typischen Nougatstangen. Allerdings hat sich bei der Schlagersüßtafel der Kakaoanteil von 7 auf 32 Prozent erhöht.

Lauter süße Sachen: Von Brockensplittern, Bambina & Hallorenkugeln. Die Schokoladenseite der DDR, von Jana Männig, Buchverlag für die Frau, 136 Seiten, 7,90 Euro; Lesung am 15.12. um 19 Uhr in der Frauenkultur Leipzig, Windscheidstraße 51,

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