Aufträge nur bei Tariflohn

Neues Vergabegesetz in Nordrhein-Westfalen

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.
In NRW sollen öffentliche Aufträge künftig nur an Unternehmen vergeben werden, die soziale Mindeststandards einhalten.

Am morgigen Mittwoch wird der nordrhein-westfälische Landtag aller Wahrscheinlichkeit nach ein neues Tariftreue -und Vergabegesetz für öffentliche Aufträge verabschieden. Die Linksfraktion wird, trotz Kritikpunkten, dem Gesetzentwurf der rot-grünen Minderheitsregierung zustimmen. Denn das - so die Langform - »Gesetz über die Sicherung von Tariftreue und Sozialstandards sowie fairen Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge« greife wesentliche Forderungen von Linkspartei, Gewerkschaften, Frauen- und Umweltverbänden auf.

Ab dem 1. April 2012 können Land und Kommunen Aufträge oberhalb eines Wertes von 20 000 Euro nur dann vergeben, wenn bestimmte Standards eingehalten werden. So müssen die beauftragten Unternehmen Tariflöhne bezahlen. Zudem wird ein Mindestlohn von 8,62 Euro garantiert. Auch Aspekte wie Frauenförderung, Energieeffizienz und Klimaschutz müssen öffentliche Auftraggeber und private Auftragnehmer künftig berücksichtigen.

Sowohl die LINKE als auch die Gewerkschaften kritisieren, dass diese Kriterien erst oberhalb der 20 000-Euro-Grenze gelten sollen. Das sei ein Manko des Gesetzes, sagte DGB-Landeschef Andreas Meyer-Lauber dem »nd«. Das Gesetz »müsste ab dem ersten Euro greifen«.

Der Landesregierung fehle der Mut zu echter Reformpolitik, moniert Michael Aggelidis, wirtschaftspolitischer Sprecher der Linksfraktion. Der Mindestlohnsatz sei zu niedrig, wichtige Verbesserungsvorschläge der LINKEN seien ignoriert worden - »auf Wunsch der Unternehmerverbände«. Doch sei das Gesetz »ein klarer Schritt in die richtige Richtung«.

Bei Meyer-Lauber überwiegt das Lob: Das Gesetz sei wegweisend für die Bundesrepublik, so der Gewerkschafter. Der Wettbewerb um die besten Produkte und Dienstleistungen ersetze künftig den Wettbewerb um die geringsten Kosten. »Redliche Unternehmer werden damit vor ›schmutziger Konkurrenz‹ geschützt«, sagte der DGB-Boss.

Derzeit, so der Tenor der Kritik, vergeben Land und Kommunen öffentliche Aufträge oft nach dem Prinzip des billigsten Preises. Die Folgen: ein ungesunder Wettbewerb, der soziale, ökologische und auf globale Gerechtigkeit bezogene Standards drücke. Die damalige schwarz-gelbe Landesregierung hatte 2006 auf Druck der Wirtschaft ein Tariftreuegesetz aufgehoben, das 2002 von Rot-Grün etabliert worden war.

Auch jetzt sind CDU, FDP und Wirtschaftsverbände nicht begeistert: Sie befürchten eine erstickende Bürokratie, die den Kommunen schade sowie kleine und mittelständische Unternehmen benachteilige. Entstünden durch die verkomplizierten Vergabeverfahren doch mehr Aufwand.

Auch der Verband Kommunaler Unternehmen befürchtet »ganz erhebliche« Mehrkosten, auch wenn man diese gegenwärtig noch nicht genau beziffern könne. Mag sein, gesteht die Landesregierung, hofft aber auf vermehrte Steuereinnahmen und einen Kaufkraftzuwachs.

Bis ins Jahr 2008 waren in 10 der 16 deutschen Bundesländern öffentliche Auftragsvergaben an bestimmte Tarifstandards gekoppelt. Doch vor drei Jahren entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem umstrittenen »Rüffert-Urteil«, dass diese Tariftreueklauseln im Widerspruch zu europäischem Recht stünden. Acht Bundesländer haben zwischenzeitlich europafeste Regelungen etabliert, vier davon fordern auch einen Mindestlohn ein.

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