Wulff verteidigt Schloss Bellevue
Präsident entschuldigt sich
Berlin (nd-Klemm). Seit Tagen wurde eine persönliche Stellungnahme von Bundespräsident Christian Wulff gefordert, gestern Nachmittag war es dann soweit. Im Schloss Bellevue erklärte Wulff, er trete nicht zurück. Dafür hat sich das Staatsoberhaupt für sein Verhalten in der Affäre um ein Darlehen über 500 000 Euro entschuldigt, das er in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident erhalten hatte. Sein Amt wolle er gewissenhaft fortführen und bitte die Deutschen um ihr Vertrauen, so Wulff. Kurz zuvor hatte er sich von seinem Sprecher Olaf Glaeseker getrennt. Gründe wurden nicht genannt. Glaeseker bat dem Vernehmen nach selbst um seine Entlassung.
Zuletzt wurde immer wieder über Kontakte von Wulff zu reichen Unternehmern berichtet. Unter ihnen war auch Egon Geerkens, von dessen Ehefrau Wulff den delikaten Kredit erhalten haben soll, wie es offiziell heißt. Außerdem wurde eine Liste veröffentlich, die Auskunft über Wulffs Urlaube auf Anwesen seiner spendablen Gönner gibt. Das Staatsoberhaupt hingegen erklärte, private Freundschaften hätten seine Amtsführung nicht beeinflusst. Zu keinem Zeitpunkt habe er in einem seiner öffentlichen Ämter jemandem »einen unberechtigten Vorteil gewährt«. Zur Einsicht in sein Darlehen sei die BW-Bank vom Bankgeheimnis befreit worden.
Von dieser Bank hat der Bundespräsident angeblich Sonderkonditionen erhalten, um den Kredit bei der Familie Geerkens abzulösen. Wie der »Spiegel« berichtet, waren die Zinsen variabel und lagen zwischen 0,9 und 2,1 Prozent. Das seien 50 Prozent weniger als bei der Immobilienfinanzierung von normalen Kunden, so das Nachrichtenmagazin.
Bundeskanzlerin Angela Merkel verhielt sich reserviert zu Wulffs Erklärung. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte: »Die Worte des Bundespräsidenten stehen für sich. Ihnen ist nichts hinzuzufügen.« Demonstrative Unterstützung klingt anders. Die Opposition bleibt trotz der Erklärung skeptisch. Renate Künast, Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, kritisierte die Entschuldigung Wulffs als unzureichend. Und SPD-Vizefraktionschef Hubertus Heil erklärte, die Trennung von seinem Sprecher sei kein Ersatz für die Aufklärung in der eigentlichen Sache.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.