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Das Dilemma der Startbahnplaner

Ein Gerichtsvorschlag bringt die Münchner Flughafengesellschaft FMG in Bedrängnis

  • Paul Winterer, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Rollen die Bagger 2012 an oder nicht? Diese Frage bewegt Befürworter und Gegner der geplanten dritten Startbahn am Münchner Flughafen gleichermaßen. Bis Februar hat der Airport Zeit, einen Vorschlag des Gerichts auf Verzicht des sofortigen Baubeginns zu prüfen.

München. Ein halbes Jahr nach Erlass der Baugenehmigung für die dritte Start- und Landebahn am Münchner Airport steht die Flughafengesellschaft (FMG) vor einer schwierigen Entscheidung: Soll sie von ihrem Recht auf sofortigen Baubeginn Gebrauch machen? Oder ist es besser, dem Vorschlag des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (VGH) zu folgen und auf den Sofortvollzug der Baugenehmigung bis zum eigentlichen Urteil über die Rechtmäßigkeit des Vorhabens zu verzichten? Bis Anfang Februar lassen die Richter der FMG Zeit, den Vorschlag anzunehmen oder ihn abzulehnen.

Die Rechtslage ist nicht einfach: Ende Juli 2011 gab die Regierung von Oberbayern grünes Licht für den Bau der politisch heftig umstrittenen Landepiste. Mit dem Planfeststellungsbeschluss war auch der Sofortvollzug verbunden, die Bagger könnten also sofort loslegen. Allerdings kann bei Gericht eine aufschiebende Wirkung gegen den Sofortvollzug beantragt werden. Entsprechende Schriftsätze liegen bereits vor.

Zuständig ist der 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofes (VGH) in München. Die vier Berufsrichter unter Vorsitz von Vizepräsident Erwin Allesch müssen über die Rechtmäßigkeit des ehrgeizigen und rund 1,2 Milliarden teuren Projektes entscheiden. Allein das Studium des mehr als 2800 Seiten dicken Planfeststellungsbeschlusses dauert Monate, vom Prozess mit vermutlich einigen Dutzend Verhandlungstagen samt umfangreichen Gutachteraussagen ganz abgesehen.

Niemand weiß zur Stunde, ob die Flughafenbetreiber sich auf den Vorschlag von Allesch zum freiwilligen Verzicht auf den Baubeginn einlassen. Kenner des komplizierten Luftverkehrsrechts meinen allerdings, dass der FMG gar nichts anderes übrig bleibt als zuzustimmen. »Die müssen das allein schon tun, um ihr Gesicht zu wahren«, meint ein Jurist, der die Auseinandersetzung um die dritte Startbahn seit Beginn verfolgt. Zu groß erscheine der FMG das Risiko, sich vom VGH eine blutige Nase zu holen, noch ehe die Hauptverhandlung um die dritte Startbahn begonnen hat. Denn es gilt als durchaus möglich, dass der 8. Senat den Sofortvollzug wegen der Komplexität der Rechtsfragen erst einmal kassieren würde. Die Bagger dürften bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht anrollen und die FMG hätte eine erste peinliche Niederlage erlitten.

Das Aktionsbündnis »AufgeMUCkt« gegen die dritte Startbahn verlässt sich auf die Aussage von Bayerns Verkehrsminister Martin Zeil (FDP), wonach Klarheit auch mit zeitlicher Verzögerung »eine interessante Variante« ist. Im »Münchner Merkur« hatte Zeil kürzlich zum Vorschlag des VGH gesagt: »Man muss solche Hinweise des Gerichts sehr ernst nehmen.« Bis zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Projekts könnten bis zu zwei Jahre vergehen, wie Verfahrensbeobachter meinen. Bis dahin geht der Kampf um die Startbahn auf der politischen Ebene weiter. »Die Lage ist sehr ernst«, so der Sprecher von »AufgeMUCkt«, Hartmut Binner. »Bis jetzt ist es bei einem Tomatenwurf geblieben«, sagt der pensionierte Polizeibeamte. Das Opfer war CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt.

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