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Kein Aus für einen der 58 französischen Atomreaktoren

Stresstest erfordert jedoch Nachrüstung in Milliardenhöhe

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Stresstest, dem die 58 französischen Atomreaktoren nach Fukushima unterzogen wurden, hat die Schließung keines einzigen Standorts zur Folge - nicht einmal des AKW-»Veteranen« Fessenheim.

Das ist die wichtigste Schlussfolgerung aus dem Bericht der staatlichen Atomsicherheitsbehörde ASN (Autorité de sûreté nucléaire), der am Dienstag in Paris an Premierminister François Fillon übergeben wurde. Darin wird allen Atomkraftwerken ein »ausreichendes Sicherheitsniveau« bescheinigt. Zugleich werden jedoch dringend notwendige Nachrüstungen aufgelistet, die viele Milliarden Euro kosten und mehrere Jahre in Anspruch nehmen dürften.

So fordert die ASN von den Konzernen EDF und Areva sowie der Atomforschungsbehörde CEA, für jeden ihrer AKW-Standorte einen »harten Kern« materieller und organisatorischer Vorkehrungen für das Funktionieren der sicherheitsrelevanten Einrichtungen im »Krisenfall« vorzusehen. Dazu gehören ein bunkerartiges »Krisenzentrum« sowie Kommunikationskanäle, Notstromaggregate und Kühlwasserpumpen, um den Betrieb auch nach Hochwasser, Erdbeben oder Anschlägen zu sichern. Vor allem müsse garantiert sein, dass die Uranstäbe immer von Kühlflüssigkeit bedeckt sind, damit keine Strahlung in die Atmosphäre gelangt.

Die ASN verlangt von EDF die Aufstellung einer »Schnellen nuklearen Eingreiftruppe« aus mehreren hundert Spezialisten für die verschiedenen Bereiche der Atomkraftwerke, die spätestens Ende 2012 innerhalb von 24 Stunden einsatzbereit und bis 2014 in der Lage sein soll, gleichzeitig an verschiedenen Standorten im Land aktiv zu sein. Bis Ende 2012 soll untersucht werden, welche zusätzlichen Maßnahmen nötig sind, um auch bei schweren Unglücken das Grundwasser gegen radioaktive Infiltrationen zu schützen. Für die Aufbereitungsanlage in La Hague wird ein »robusteres« System zu Kühlwasserversorgung gefordert.

Im Zusammenhang mit der immer häufiger und nachdrücklicher vorgebrachten Kritik an den Arbeitsbedingungen und der Qualifikation der Mitarbeiter von Subunternehmen, von denen der EDF-Konzern Wartungsarbeiten in den Atomkraftwerken ausführen lässt, sieht die ASN die Einsetzung einer Arbeitsgruppe vor. Die Behörde drängt auf die termingemäße Fertigstellung der nach Fukushima angeordneten Arbeiten zum erhöhten Hochwasserschutz an den AKW in Blayais, Cruas, Gravelines, Saint-Alban und Tricastin. Gleichzeitig kündigt sie die Ausarbeitung neuer »Sicherheitsstandards« gegen Schäden durch Hochwasser, Erdbeben, industrielle Aktivitäten in der unmittelbaren Nachbarschaft oder »andere Risiken« an. Wie ASN-Präsident André-Claude Lacoste der Presse gegenüber erläuterte, muss zwar kein AKW in Frankreich wegen gravierender Sicherheitsmängel geschlossen werden, doch sei es überall erforderlich, über das heutige Sicherheitsniveau hinauszugehen und vor allem die kontinuierliche Versorgung mit Strom und Kühlwasser »auch bei extremen Situationen robust abzusichern«. Das müsse »unverzüglich« in Angriff genommen werden und werde sicher »einige Milliarden Euro« kosten.

Zum ältesten und besonders umstrittenen AKW Fessenheim sagte Lacoste, dass die ASN nach einer Inspektion vor Ort schon vor Monaten von EDF mehr als 40 »Nachbesserungen« gefordert hat. Dazu gehörten eine Verstärkung des Schutzschilds unter den Reaktoren gegen eine Kernschmelze sowie die Einrichtung einer »zusätzlichen, ultimativen Kühlwasserversorgung«. Der heutige Sicherheitszustand von Fessenheim mache zwar keine Schließung nötig, doch könnten die Politiker natürlich jederzeit so etwas entscheiden. Deutsche, aber auch französische Atomkraftgegner fordern seit langem die Abschaltung des Altmeilers. Dagegen hatten elsässische Lokalpolitiker und die CGT-Energiearbeitergewerkschaft kürzlich eine Internetpetition für den Weiterbetrieb verfasst, die bereits von 3000 Unterstützern unterschrieben wurde.

Lacoste erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass der »Schnelle Brüter« in Creys-Malville auf Druck der Grünen 1997 durch die Linksregierung von Premier Lionel Jospin geschlossen wurde, obwohl es gegen ihn keinerlei Sicherheitsbedenken gab.

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