Für den Schulunterricht ungeeignet
Auch die SPD übt scharfe Kritik an der vom Familienministerium geförderten Extremismusbroschüre
Kristina Schröder und ihr Familienministerium versuchen, sich aus der Verantwortung für den Inhalt der Broschüre »Demokratie stärken - Linksextremismus verhindern« zu stehlen, in der unter anderem die Tageszeitung »neues deutschland« als »linksextremistisches Medium« dargestellt wird. Kürzlich wollte der SPD-Abgeordnete Rolf Schwanitz vom Ministerium wissen, ob CDU-Frau Schröder den Inhalt des von der Münchner Zeitbild Stiftung herausgegebenen Magazins gelesen hatte, bevor sie das Vorwort für die Ausgabe verfasste.
In der Antwort auf die Kleine Anfrage, die »nd« vorliegt, heißt es, mit dem Vorwort sei ein »grundsätzliches Einverständnis über die Zielrichtung der Publikation, nicht jedoch eine Identifizierung mit Einzelaussagen verbunden«. Dies erscheint absurd, weil die Publikation vom Ministerium finanziell gefördert wurde und Schröder das Magazin für die Verwendung an Schulen empfiehlt. »Deshalb trifft die Bundesministerin die volle politische Verantwortung«, urteilte Schwanitz.
25 000 Exemplare der Broschüre wurden an Lehrkräfte an weiterführenden und berufsbildenden Schulen, Volkshochschulen und Bibliotheken verschickt. Die Ministerin behauptet in ihrem Vorwort, »linksextreme Positionen wurden bisher zu wenig beachtet«. Diese Aussage wird vom Ministerium schwammig als »Einschätzung zur gesamtgesellschaftlichen Wahrnehmung des Themas Linksextremismus« bewertet.
Auf der Titelseite wird deutlich, wen die Zeitbild Stiftung und das Familienministerium dem »Linksextremismus« zuordnen. Dort sind an eine Wand gesprühte Sprüche wie »Macht kaputt, was euch kaputt macht« und »Keine Macht für niemand« zu lesen. Schwanitz fragte, ob das Familienministerium die gleichlautenden Lieder der linksalternativen Rockgruppe »Ton Steine Scherben« für bedenklich oder jugendgefährdend hält. Ausweichend antwortete das Ministerium, dass es nicht um die Musikgruppe, sondern um die Zitate gehe. Als ob diese getrennt voneinander betrachtet werden könnten. Nach Ansicht des Ministeriums vermitteln die Sprüche »nicht voraussetzungslos linksextremistisches Gedankengut, werden aber oft auf Transparenten und Graffitis auf Häuserwänden von der linksextremistischen Szene zitiert«.
Stiftung und Ministerium meinen, auch zahlreiche Brandanschläge auf Autos in Berlin der »linksextremen Szene« zurechnen zu können. In der Broschüre heißt es, ein beträchtlicher Teil dieser Anschläge gehe »auf linksextremistische Gewalt zurück«. Es wird auf die Zuordnung vieler Brandstiftungen zur politisch motivierten Kriminalität - links (PMK-links) durch die Polizei verwiesen. Laut Polizei gibt es in diesen Fällen Anhaltspunkte für eine »linksextremistische« Motivation der Täter. »Die den Aussagen zugrundeliegende Eingangsstatistik ist im Kern eine reine ›Verdachtsstatistik‹, bei der schon eine polizeiliche Vermutung für eine Zuordnung der Straftat zum Linksextremismus ausreicht«, monierte Schwanitz. Damit steht er auch der Einschätzung seines Parteikollegen Ehrhart Körting entgegen, der als Berliner Innensenator im Sommer vergangenen Jahres wegen der Brandanschläge eine »Ächtung linksextremistischer Gewalt durch alle gesellschaftlichen Kräfte und Parteien« gefordert hatte.
Auch das Bekanntwerden der Nazimordserie hat die Haltung des Familienministeriums nicht geändert. Es will weiter »gegen Rechtsextremismus, islamistischen Extremismus und Linksextremismus« vorgehen, »da sich diese sämtlich gegen ein demokratisches und tolerantes Miteinander richten«, so das Ministerium.
Schwanitz bewertet die Broschüre nicht als fachwissenschaftlich fundiertes Magazin, sondern eher als »eine ideologische und parteipolitische Kampfschrift«. Für den Einsatz an Schulen sei sie ungeeignet.
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