Zu wenig Geld für zu kurze Zeit

Mehr als 70 Prozent aller Arbeitslosen sind in Deutschland von Armut bedroht

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 2 Min.
Weil das Arbeitslosengeld oft niedrig ausfällt und zudem nach einem Jahr ausläuft, gelten im EU-Vergleich überdurchschnittlich viele deutsche Erwerbslose als armutsgefährdet.

Wie die »Berliner Zeitung« am Dienstag berichtete, sind arbeitslose Menschen in der Bundesrepublik öfter von Armut bedroht als in anderen Ländern Europas. Demnach waren 70 Prozent aller deutschen Erwerbslosen »armutsgefährdet«. Im EU-Durchschnitt hingegen nur 45 Prozent. Damit belegt das reiche Deutschland den traurigen Spitzenplatz innerhalb der EU. In keinem anderen Mitgliedsstaat ist das Armutsrisiko für Menschen ohne Arbeit größer.

Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 60 Prozent des nationalen mittleren Einkommens zur Verfügung hat. In der Bundesrepublik liegt diese Schwelle derzeit bei 940 Euro. Das gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Institut macht dafür vor allem zwei Gründe aus: Zum einen seien die Leistungen für Betroffene zu Beginn ihrer Arbeitslosigkeit »relativ niedrig«, wie Institutsforscher Eric Seils der »Berliner Zeitung« sagte. Zum anderen hätten die Betroffenen nur einen relativ kurzen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Selbst wer länger als 20 Jahre durchgehend berufstätig war, erhält nach zwölf Monaten Erwerbslosigkeit nur noch Hartz IV. Dass es anders geht, zeigt beispielsweise Dänemark. Dort haben die Betroffenen vier Jahre lang Anspruch auf Arbeitslosengeld. In den Niederlanden und Österreich ist nicht nur die Arbeitslosenquote deutlich niedriger. Bei unseren Nachbarn sind Erwerbslose zudem weniger von Armut bedroht als in der Bundesrepublik.

Eric Seils fordert deshalb eine längere Bezugsdauer für das Arbeitslosengeld. Die Versicherungsleistung wird zwar auch heute schon länger als ein Jahr ausgezahlt, allerdings nur, wenn die Betroffenen älter als 50 Jahre sind. Kommentar Seite 4

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