Versprecher und erstes afrikanisches Gold

1. Olympische Jugend-Winterspiele in Innsbruck: Der Marokkaner Adam Lamhamedi siegt im Super-G

Jugend-Olympia lässt sich gut an - das ist schon nach dem ersten Wochenende der 1. Olympischen Jugend-Winterspiele in Innsbruck festzustellen. Die Sonne scheint, reichlich Schnee bedeckt die Wettkampfstätten, die ersten Medaillen sind vergeben. Das 23,7 Millionen Euro teure Fest der 1059 Sportler im Alter von 15 bis 18 Jahren aus 70 Nationen nimmt Fahrt auf.

Begonnen hatten die Spiele mit einem umjubelten Versprecher bei der Eröffnungsfeier im Bergiselstadion am Freitagabend. Die 16-jährige Tiroler Skirennläuferin Christina Ager sollte den Olympischen Eid sprechen, kam aber ins Stocken, verhaspelte sich und stieß in ihrer Aufregung schließlich ein allseits bekanntes Schimpfwort mit »Sch...« aus. Als es im Stadionoval verhallt war, lachten die 15 000 herzhaft. Sofort kam bei aller weihevollen Getragenheit in Erinnerung: Das sind hier Jugendspiele. Womöglich hat auch IOC-Präsident Jacques Rogge kurz innegehalten: Wie gut passt so ein Eid zu Teenagern des 21. Jahrhunderts?

Medaille nach dem Eid

Tags darauf schließlich sollte die vorlaute junge Frau aus St. Johann auch noch für die erste Medaille der Österreicher sorgen. Christina Ager gewann Bronze im Super-G. Allerdings war es das für diesen Tag auch schon, was Medaillen für Austria anbetraf. Dass die österreichische Skispringernation am Samstag auf der Schanze von Seefeld völlig leer ausging, verblüffte.

Vor den Augen des IOC-Präsidenten gewann die Japanerin Sara Takanashi den historischen ersten olympischen Frauenwettbewerb im Spezialsprunglauf, Zweite wurde die 15-jährige Katharina Althaus aus Oberstdorf, die bei der Eröffnungsfeier die deutsche Fahne getragen hatte. Am Sonntag gewann schließlich die 17-jährige Biathletin Franziska Preuß aus Haag mit ihrem Sieg im Sprint die erste Goldmedaille für das 57-köpfige deutsche Team.

Eine kleine Sensation ergab es im Super-G der jungen Männer, und zwar eine im Sinne der vom IOC immer wieder gern genannten »Universalität« der Spiele. Im Super-G am Tiroler Hausberg Patscherkofel ging die Goldmedaille tatsächlich nach Afrika: Der einzige Starter aus Marokko, der 16-jährige Adam Lamhamedi, siegte dort. Trainieren tut er im kanadischen Quebec. Dort ist er auch Mitglied der Jugendnationalmannschaft. Er hätte auch für Kanada starten dürfen, entschied sich aber für Marokko und nahm seinen Sieg als ein Zeichen für seinen Kontinent. »Wir kommen aus Afrika und haben in der Disziplin Ski Alpin gewonnen, also ist alles möglich«, freute sich der Goldmedaillengewinner.

14 neue Wettbewerbe

Nicht weniger als 14 neue Wettbewerbe probiert das IOC bei den Jugend-Winterspielen aus. Auch die als Verjüngung geplante Inte-gration der Funsportarten im Olympiaprogramm scheint in Innsbruck fürs Erste zu gelingen. Am Sonntag erlebte die Skidisziplin Freestyle Halfpipe Premiere.

Im Skigebiet Kühtai, dem höchstgelegenen Skiort Österreichs, wurde seit August an einer neuen gigantischen Halfpipe für die Spiele von Innsbruck gearbeitet. Sieben Meter hoch an beiden Seiten, erlaubt sie den Athleten, die man früher Trickskifahrer genannt hätte, atemberaubende Flüge und Drehungen. Am Fuße der Halfpipe sitzen die Juroren, die die Darbietung benoten: den Style (die Ausführung), die Amplitude (die Höhe) und den Schwierigkeitsgrad der Tricks. Zwei Läufe hat jeder Freestyler, der bessere kommt in die Wertung.

Den Premierensieg sicherte sich zur Freude der 2000 Fans eine Lokalmatadorin: Lissi Gram aus dem etwa eine Autostunde entfernten Fließ holte sich mit zwei fantastischen Läufen, die beide zum Sieg gereicht hätten, die erste Goldmedaille für die Gastgeber bei diesen Spielen. Keine flog so hoch über die Kante hinaus wie sie, keine zeigte so lässige »Seven-Twenties« (720-Grad-Drehungen).

Die 15-jährige Tirolerin war eine Klasse für sich. »Ich kann es nicht fassen«, strahlte sie. »Das ist wie ein Traum.« Ihr Trainer Christian Rijavec hält die Nachwuchsathletin für eine Kandidatin für die Premiere bei den Spielen der »Großen« 2014 in Sotschi: »Sie hat allemal das Zeug dazu.« Für Rijavec ist es auch keine Frage mehr, ob seine Sportart zu Olympia gehört oder nicht. Die Zeit, in denen die Sponsoren bestimmen, wer bei den Einladungswettkämpfen mitfährt, sei ebenso vorbei wie der »Krieg« mit dem Skiweltverband FIS, glaubt Rijavec. Jugend-Olympia setzt also Zeichen für die Zukunft.

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