»Occupy«-Bewegung in den USA lebt
Erfolg im Bundesstaat Wisconsin
Nach einer spektakulären Mobilisierung übergab ein Bündnis von Gewerkschaften und Bürgerinitiativen den Behörden des Bundesstaats Wisconsin am vergangenen Dienstag eine Million Unterschrif- ten, um die Ablösung des republikanischen Gouverneurs Scott Walker, seines Stellvertreters und von vier Senatoren durch vorzeitige Neuwahlen zu erzwingen.
Walker hatte im vergangenen Jahr zwecks Sanierung des Haushalts ein Gesetz durchgesetzt, das die Rechte der Gewerkschaften im öffentlichen Dienst - insbesondere ihre Tarifhoheit und das Streikrecht - erheblich einschränkt. Dadurch wurde er vor allem für die Tea-Party-Bewegung zum Helden. Regierungen anderer Bundesstaaten versuchten prompt, ähnliche Gesetze durchzudrücken.
In Wisconsin selbst löste das Gesetz jedoch bereits im Februar vergangenen Jahres heftige Proteste aus. Tausende Aktivisten und Gewerkschaftsmitglieder besetzten über mehrere Tage das Capitol des Bundesstaates in Madison. Eine Million Unterschriften für die Abberufung Walkers, die jetzt eingereicht wurden, sind doppelt so viele, wie gesetzlich erforderlich gewesen wären. Die Zahl entspricht immerhin 46 Prozent aller Stimmen, die bei den Gouverneurswahlen in Wisconsin im Jahre 2010 abgegeben wurden.
In der Geschichte der USA gab es bisher nur zwei Abstimmungen zur Abberufung eines Gouverneurs: 1921 in North Dakota und 2003 in Kalifornien. Die Neuwahlen in Wisconsin, wenn sie denn nach Prüfung der Unterschriften anberaumt werden, dürften zu einer Art Volksbegehren über die Rechte der Arbeiter und der Gewerkschaftsbewegung werden.
Als Erfolg der Bewegung kann auch der beispiellose Internet-Blackout gelten, den mehr als 10 000 Webseiten am Mittwoch durchsetzten, darunter Wikipedia. Der Protest der Internetaktivisten richtete sich gegen die Verabschiedung zweier neuer Gesetze gegen sogenannte Online-Piraterie. Nach Auffassung der Aktivisten könnten diese Gesetze zu willkürlicher Internetzensur führen, nur um die Profite von Großkonzernen und Unterhaltungsindustrie zu sichern. Der Kongress der USA wurde am Mittwoch mit Anrufen und Petitionen überflutet. Am Ende des Tages stornierten die fassungslosen Gesetzgeber, ob Demokraten oder Republikaner, die Gesetzesentwürfe.
Für den gestrigen Freitag hatte »Occupy the Courts« (Besetzt die Gerichte) zu Mahnwachen vor mehr als 120 Bundesgerichten und dem Höchsten Gericht aufgerufen. Damit wollten sie am zweiten Jahrestag der Verkündung gegen ein Urteil protestieren, das Konzernen und Wohlhabenden einen Freibrief für unbegrenzte Wahlkampfspenden ausstellte.
Ebenfalls am Freitag wollte eine Koalition von mehr als 55 Organisationen in Kalifornien gegen Zwangsvollstreckungen von Häusern und Wohnungen durch Großbanken protestieren. Überall in den USA haben Occupy-Aktivisten längst begonnen, Häuser und Wohnungen direkt zu besetzen, um Arme und Arbeitslose vor Zwangsräumungen zu schützen - eine Solidaritätsbewegung, die stark an die USA der frühen 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts erinnert.
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