Presse und Pressionen

Kommentar von Hans-Dieter Schütt

  • Lesedauer: 2 Min.

Mächtige nehmen gern Tuch-Fühlung zur nackten Wahrheit auf - und ersticken sie darin. So kam die Pressefreiheit zur hohen, gefährlichen Ehre einer Ketzerin. Wo es ihr gut geht auf dieser Welt, dort ist die Welt wirklich eine gute - oder eine auf dem Wege guter Besserung. Bis zu nächstem Mord, nächster Verschleppung, nächster Zensur. Alljährlich legt »Reporter ohne Grenzen« eine Rangliste über den weltweiten Zustand der Pressefreiheit vor. Die Liste 2011 umfasst Analysen in 179 Staaten, sie bilanziert einen weit höheren Gewaltdruck gegen Journalisten als in Jahren zuvor. In China, Nordkorea, Eritrea werden Kritiker am stärksten verfolgt, behindert, getäuscht. Pakistan mordet Reporter wie kein anderes Regime. Finnland und Norwegen dagegen sind Spitzenreiter der medialen Gewogenheit. Deutschland? 16. Platz.

Aufschlussreich, dass Ägypten unterm Militärrat fast wieder einen Rang wie unter Mubarak einnimmt. Und: dass die USA zwanzig Plätze, bis auf 47, abstürzten. Ein bitterer Erfolg u. a. der »Occupy«-Bewegung. Sie reizte Zentralnerven des Systems so, dass es polizeilich zuschlug und Kenntlichkeit riskierte. Auf diese Weise blamieren sich warnende westliche Zeigefinger just in Richtung einer porösen »Arabellion«. Immer öfter schwellen der landläufig so selbstsicher posierenden abendländischen Demokratie die Halsadern. Dann nämlich, wenn journalistische Kritik Klartext redet und wahrlich harte Fragen ans kapitalistische Wesen der politischen und sozialen Dinge stellt.

Pressefreiheit: als Königin gehandelt, behandelt wie eine Ketzerin? In einer nicht sehr guten Welt beweist das leider deren gute, beste Arbeit.

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