Änderungen für Arbeitnehmer und Rentner

Einkommensteuererklärung 2011

  • Lesedauer: 6 Min.
Der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe (VLH) informiert nachfolgend über aktuelle Steueränderungen im Zusammenhang mit dem veränderten Jahressteuergesetz 2011, das Auswirkungen auf die Einkommensteuererklärung für 2011 für Arbeitnehmer und Rentner hat.

Da Arbeitgebern, Versicherungen und anderen Institutionen eine Frist bis zum 28. Februar 2012 eingeräumt wurde, um die für die Steuerberechnung benötigten Daten an die Finanzämter zu senden, und die vielen gesetzlichen Änderungen den Start der finanzinternen Steuerberechnung verschieben, können die Finanzämter die Einkommensteuererklärungen für 2011 erst im März 2012 endgültig bearbeiten.

1. Abgabepflicht

Generell besteht nur eine Abgabepflicht der Einkommensteuererklärung, wenn der Gesamtbetrag der Einkünfte, das heißt die Summe der steuerpflichtigen Einkünfte, den Grundfreibetrag von 8004 Euro bei Alleinstehenden oder 16 008 Euro bei Verheirateten übersteigt. Die Überlegung entfällt, dass Arbeitnehmer und Rentner auf Antrag ihre Steuererklärung für zwei aufeinanderfolgende Jahre erst nach Ablauf des zweiten Jahres zusammen abgeben können.

2. ELStAM-Start verschoben

Mit dem Jahreswechsel 2011/2012 sollte die bisherige Lohnsteuerkarte durch die elek-tronische Lohnsteuerkarte ELStAM) ersetzt werden. Wie die Finanzverwaltung bekannt gegeben hat, wird das neue Verfahren wegen technischer Probleme nun erst ab 2012 eingeführt. Daher müssen die Lohnsteuerkarten aus 2010 - wie schon 2011 - auch 2012 weiter verwendet werden.

3. Kindergeld und Kinderfreibetrag

Der Kinderfreibetrag und der Betreuungsfreibetrag betragen pro Elternteil 2184 Euro beziehungsweise 1320 Euro. Somit wächst für Eltern und Elternteile die steuerliche kindbedingte Entlastung. Für volljährige Kinder in Berufsausbildung oder freiwilligem Dienst erhalten die Eltern Kindergeld oder steuerliche Freibeträge bis die Kinder das 25. Lebensjahr erreichen.

Die in der Praxis oftmals zeitaufwendige Ermittlung der eigenen Einkünfte und Bezüge von Kindern entfällt ab dem Jahr 2012. Bisher hatten die Eltern von volljährigen Kindern nur Anspruch auf Kindergeld, wenn die Kinder keine Einkünfte und Bezüge von mehr als 8004 Euro im Jahr hatten. Ab 2012 entfällt diese Voraussetzung für den Kindergeldbezug. Da damit der »Papierkrieg« bei den Familienkassen ein Ende findet, kann man von einer gelungenen Steuervereinfachung sprechen.

4. Neuregelung bei den Kinderbetreuungskosten

Mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 hat der Gesetzgeber die Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten deutlich vereinfacht. Die Kosten sind ab 2012 einheitlich nur noch als Sonderausgaben abzugsfähig. Eine Unterscheidung in erwerbsbedingte und nicht erwerbsbedingte Kosten, wie Sie bis 2011 vorgenommen werden musste, entfällt. An der Höhe der abziehbaren Aufwendungen hat sich allerdings im Vergleich zu den Vorjahren nichts geändert. Wie bisher auch können Eltern zwei Drittel der Kosten, maximal 4000 Euro pro Kind und Jahr, steuerlich geltend machen. Dies gilt unterschiedslos für alle Kinder bis zum 14. Lebensjahr. Für Kinder, die aufgrund einer vor dem 25. Lebensjahr eingetreten seelischen, geistigen oder körperlichen Behinderung außer Stande sind sich selbst zu unterhalten, gilt die oben genannte Altersgrenze von 14 Jahren allerdings nicht

5. Kindergeld für Freiwilligendienste

Mit Einführung von zwei neuen Freiwilligendiensten im Jahr 2011 (internationaler Jugendfreiwilligendienst ab 1. Januar 2011 und Bundesfreiwilligendienst zum 1. Juli 2011) wurde zunächst versäumt, gesetzlich zu regeln, ob für die Zeit während der Dienste ein Anspruch auf Kindergeld besteht. Dies hat der Gesetzgeber jetzt nachgeholt und den Kindergeldanspruch für die Zeit der Freiwilligendienste ins Gesetz geschrieben. Damit haben Eltern während der Dienstzeit Anspruch auf alle kindbedingten steuerlichen Vergünstigungen.

6. Aktuelle Rechtsprechung zur regelmäßigen Arbeitsstätte

Bisher konnten Arbeitnehmer innerhalb desselben Dienstverhältnisses mehrere regelmäßige Arbeitsstätten nebeneinander haben, wenn sie zum Beispiel in verschiedenen Filialen des Arbeitgebers eingesetzt wurden. Das hatte zur Folge, dass Fahrten zu sämtlichen Filialen nur mit der Entfernungspauschale abziehbar waren.

Nun hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass bei dauerhaft angelegter Berufstätigkeit in wechselnden Betriebsstätten des Arbeitgebers maximal eine dieser Arbeitsorte die »regelmäßige« Arbeitsstätte sein kann. Diese eine regelmäßige Arbeitsstätte, die ein Arbeitnehmer höchstens haben kann, liegt an dem Ort, an dem der Arbeitnehmer typischerweise den Schwerpunkt seiner Arbeitsleistung erbringt. Dies bedeutet, dass nur noch die Fahrten zu der »Schwerpunktfiliale« mit der Pendlerpauschale von 30 Cent je Entfernungskilometer anzusetzen sind. Die Fahrten zu den anderen Betriebsstätten können als Dienstreise mit 30 Cent je gefahrenem Kilometer (also mit dem doppelten Wert) steuerlich geltend gemacht werden. Unter Umständen führt die neue BFH-Rechtsprechung sogar dazu, dass bestimmte Arbeitnehmergruppen jetzt gar keine regelmäßige Arbeitsstätte mehr haben. Dies kann vor allem typische Außendienstler, Bauhandwerker, Monteure sowie das Fahrpersonal von Bahnunternehmen betreffen.

7. Personenversicherungen/Basisversicherungen

Die Beiträge für eine Basisversicherung wie die gesetzliche Rentenversicherung oder die »Rürup-Rente« sind nun verbessert mit 74 Prozent, maximal 14 800 Euro, abziehbar. Für Verheiratete gilt der doppelte Betrag.

Die steuerliche Absetzbarkeit von Kranken- und Pflegeversicherungen beziehungsweise sonstige Personenversicherungen waren bereits ab 2010 aufgrund der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts durch Urteil vom 13. Februar 2008 (Az. 2 Bvl 1/06) dadurch verbessert worden, dass nun Beiträge zur gesetzlichen und privaten Basiskrankenversicherung sowie zur gesetzlichen Pflegeversicherung in tatsächlicher Höhe als Sonderausgaben abziehbar sind.

Bei sehr niedrigem Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen (zum Beispiel bei freier Heilfürsorge oder Beamten mit hohem Beihilfesatz) können auch sonstige Personenversicherungen bis zum Höchstbetrag von 1900 Euro bzw. 2800 Euro berücksichtigt werden. Somit können die Bürger höhere Versicherungsbeiträge als bisher unter Sonderausgaben steuerlich absetzen.

8. Rentner

Bekanntlich steigt der steuerpflichtige Rentenanteil seit 2005 jährlich um zwei Prozent - ausgehend von 50 Prozent - bis auf 80 Prozent im Jahr 2020 und ab 2021 in Schritten von ein Prozent bis zu 100 Prozent bei Rentenbeginn 2040. Das bedeutet: Für Personen, die ab 2012 die gesetzliche Rente erhalten, beträgt der steuerpflichtige Teil 64 Prozent.

9. Höhere Bemessungsgrenzen

Bei der Kranken- und Pflegeversicherung: Die Bemessungsgrenze der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung steigt 2012 um 1350 Euro auf 45 500 Euro. Bis zu diesen Jahresbruttolöhnen werden Sozialabgaben berechnet.

Bei der Arbeitslosen- und Rentenversicherung: Die Grenzen für die Arbeitslosen- und Rentenversicherung betragen weiterhin 57 600 Euro für Beschäftigte in den neuen Bundesländern sowie nunmehr 67 200 Euro anstatt 66 000 Euro wie noch 2011 in den alten Bundesländern. Bis zu diesen Jahresbruttolöhnen werden Sozialabgaben berechnet.

10. Abziehbarkeit von Kosten der Erstausbildung

Mit den Urteilen des Bundesfinanzhofs vom 17. August 2011 (Az. VI R 38/10 und Az. VI R 7/10) hat der BFH entschieden, dass auch Kosten für die berufliche Erstausbildung außerhalb eines Ausbildungsdienstverhältnisses als Werbungskosten abzugsfähig sein können, wenn ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen besteht.

Erfreulich ist das Urteil vor allem für Studenten, die Ihre Aufwendungen bisher lediglich im Rahmen der Sonderausgaben geltend machen und damit nicht in zukünftige Jahre vortragen konnten. Das Bundesfinanzministerium will diese für den Steuerpflichtigen günstige Regelung allerdings nicht über die entschiedenen Fälle hinaus anwenden. Vielmehr hat der Gesetzgeber die steuerliche Abzugsfähigkeit der Erstausbildungskosten rückwirkend ab 2004 abgelehnt.

Die Lohnsteuerhilfeverein VLH hält dies für rechtlich fragwürdig und empfiehlt daher allen Betroffenen, die Aufwendungen auch künftig als vorweggenommene Werbungskosten geltend zu machen.

Im nächsten nd-ratgeber informieren wir darüber, wie bei haushaltsnahen Aufwendungen Steuern gespart werden können.

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