Stahlknecht verspricht Härte
In Mücheln bedrohen Nazis einen türkischen Wirt - Sachsen-Anhalts Innenminister will durchgreifen
Hannover/Magdeburg (dpa/nd). Nach dem Überfall auf einen türkischen Imbiss am 25. Februar in Mücheln (Saalkreis) hat Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) den Opfern und dem türkischen Generalkonsul ein hartes Durchgreifen gegen Rechtsextreme zugesichert. Bei einem Besuch mit den Opfern beim zuständigen Generalkonsul in Hannover rief Stahlknecht am Dienstag zu einer stärkeren Verurteilung rechtsextremer Taten durch die Gesellschaft auf. Bei dem Fall in Mücheln habe die Polizei nicht richtig reagiert, es gebe aber kein flächendeckendes Problem beim Auftreten gegen rechtsradikale Umtriebe.
Bei einem erneuten Vorfall an dem Imbiss ertönten nach Angaben der Inhaber am Montagabend »Ausländer raus«-Rufe. Wie auch die Polizei in Halle mitteilte, skandierten mehrere Jugendliche fremdenfeindliche und volksverhetzende Parolen und beschimpften Polizeibeamte. Sechs Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren wurden von der Polizei dingfest gemacht.
Am 25. Februar hatten zwei Gäste den türkischen Wirt in seinem Imbiss angegriffen, der Mann und seine Partnerin wurden leicht verletzt. Stahlknecht hatte dazu am Montag erklärt, an jenem Tag seien von der Polizei Fehler vom Eingang des Notrufs bis zum Eintreffen an dem Geschäft in Mücheln begangen worden. Er habe die Aufklärung zur »Chefsache« erklärt und eine für diese Woche geplante Kosovo-Reise abgesagt. Der Minister sagte, bei der Lagebeurteilung seien Informationen, dass sich im Lokal Neonazis aufhalten und die Drohung, das Geschäft zum »Führergeburtstag« am 20. April zu zerstören, nicht berücksichtigt worden. Auch habe ein Beamter bei einem Telefongespräch mit einem Opfer völlig unangemessen reagiert, als er die Frau gebeten habe, jemanden zu holen, der besser Deutsch spricht. Tatverdächtigt sind zwei deutsche Männer. Nach Angaben der Opferberatungsstelle in Halle waren sechs Angreifer beteiligt. Sie sollen das Paar gewarnt haben, sie seien die nächsten, die in der Zeitung stünden, wenn das Geschäft nicht bis zum »Führergeburtstag« am 20. April geschlossen werde.
Als erste Konsequenz hat die Hallenser Polizeipräsidentin Christiane Bergmann den diensthabenden Führungsbeamten im zuständigen Polizeirevier in Merseburg versetzt. Gegen weitere Beamte würden Disziplinarverfahren geprüft, sagte sie am Montag. Nach derzeitigen Informationen seien die beiden Tatverdächtigen bislang nicht wegen politisch motivierter oder fremdenfeindlicher Straftaten in Erscheinung getreten. Die Polizei hatte in einer Pressemitteilung den Angriff als Körperverletzung bei der Auseinandersetzung um ein Rauchverbot bezeichnet.
In Sachsen-Anhalt steht die Polizei seit Jahren immer wieder wegen ihres Verhaltens bei bei der Verfolgung rechter Straftaten in der Kritik. Zur Aufklärung war 2007 bis 2010 sogar ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingesetzt worden.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.