Jens Sparschuh

Nominiert für den Leipziger Buchpreis

  • Christel Berger
  • Lesedauer: 3 Min.

Jens Sparschuh, studierter und promovierter Philosoph, schreibt seit über 25 Jahren Romane, Hörspiele, Gedichte. Unterhaltsam, hintersinnig. Die Philosophie ist heimlich in jedem seiner Bücher drin: Oft in Alltagsgeschichten, denen man das nicht anmerkt. Aber wer es entdeckt, hat mehr davon - mehr Spaß, mehr Weltweisheit.

Nun also »Im Kasten«. Im Mittelpunkt steht Hannes: Als Sachbearbeiter hat er Sachen bearbeitet, als Verwaltungsangestellten-Lehrling Verwaltung gelernt. Was bearbeitet und verwaltet werden musste, war ihm nicht so wichtig, Hauptsache, der Papierkreislauf lief und er durfte seine Kringel unter Formulare machen. Als er befördert wurde, gedachte er, die Farbe der Kringel zu wechseln, doch das wollten die anderen nicht.

Hannes, sagt seine Frau Moni, sähe die Welt so, wie er sie sieht, nicht, wie sie ist. Hannes kann das zwar widerlegen, denn er denkt viel und tief, aber ganz unrecht hat Moni nicht. Als er noch stolz stellvertretender Bereichsleiter war und sich ungeheure Systeme ausdachte, sah er nicht, dass man ganz anderes von ihm wollte. So war er die Stelle bald los. Seine nächste Beschäftigung - Laub haken im Park - redete er sich schön, während Moni das Abstieg nannte. Aber nun, das weiß er, ist er am richtigen Platz gelandet.

NOAH - »Neue Optimierte Auslagerungs- und Haushaltsordnungsysteme« oder »Norberts olle Abfallhalde«, wie die Kollegen pietätlos den Betrieb ihres Chefs Norbert nennen - heißt die Anlage, draußen an der Peripherie. Sachen, die man nicht braucht, von denen man sich aber auch nicht ganz trennen will, sollen hier gegen Gebühr aufbewahrt werden. Da ist Hannes in seinem Metier. Verantwortlich für die Werbung, geht es ihm um mehr: um Systeme fürs Ordnen und Sammeln. Immer radikaler widmet er sich dem nach seiner Meinung wichtigsten: das Chaos ordnen, egal ob im Büro, der Küche, der Wohnung oder der Gesellschaft.

Am meisten stören die Menschen dabei, sie wollen und können sich von ihrem Krimskrams nicht trennen und häufen immer wieder Müll an. Da entwirft Hannes lieber Denkschriften. Aus dem ersten Grundsatz: »Weniger ist mehr« leitet er den nächsten ab: »Das Meiste ist nichts.« Aber da ist er schon so abgehoben, dass er die Einweisung in eine Nervenanstalt überhaupt nicht begreift.

Das Wirkliche erkennen und verkennen. Chaos und Ordnung. Der Mensch und seine Sachen. »Weltordnung«. Jens Sparschuh hat Philosophie wieder in eine amüsante Geschichte verpackt und mit der Schilderung durch den einfältig klugen Hannes eine adäquate Sprache dafür gefunden. Er spielt gekonnt mit all dem Absurden und Widersprüchlichen: Dass »ordinär« und »Ordnung« zusammengehören und »Messie« und »Messias« - wie passt das? Bei Umzügen sind die Zettel die hilfreichsten, die fehlen. Wer Ordnung will, wird schließlich verrückt. Es ist viel mehr als ein Spaß, aber der Spaß daran ist groß.

Jens Sparschuh: Im Kasten. Roman. Kiepenheuer & Witsch. 224 S., geb., 19,60 €

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