Ver.dis größter Streik

Heute findet die entscheidende Verhandlung im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen statt

  • Jörg Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.
In Potsdam sitzen heute wieder Gewerkschaften und Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes zusammen. Es laufen die letzten Gespräche der diesjährigen Entgelttarifrunde für Bund und Kommunen.

Mitte voriger Woche kündigte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske auf einer Kundgebung in Köln einen Streik an, »wie es ihn seit 20 Jahren nicht gegeben hat«. Es geht um die Entgelttarifrunde im öffentlichen Dienst. Heute beginnt in Potsdam die letzte und entscheidende Verhandlungsrunde. Die Fronten sind verhärtet.

Während die Gewerkschaften 6,5 Prozent aber mindestens 200 Euro monatlich mehr bei einer Laufzeit von zwölf Monaten fordern, hatten die Arbeitgeber von Bund und Kommunen bisher 3,3 Prozent in 24 Monaten angeboten. Für ver.di ein »nicht verhandelbares« Angebot.

Bei ver.di ist die Streikbereitschaft hoch. Die Dienstleistungsgewerkschaft setzt auf Verbesserungen besonders bei den unteren Einkommensgruppen und hat dort eine hohe Mobilisierungsfähigkeit und Streikbereitschaft. Beim Beamtenbund dbb schaut man eher auf die linearen Entgelterhöhungen für die höheren Einkommensgruppen, erklärt dbb-Sprecher Frank Zitka. Streiken um jeden Preis wollen die Gewerkschaften indes nicht. Auch für sie birgt ein Vollstreik Risiken, wenn er beispielsweise wieder beendet werden muss, ohne dass substanzielle Verbesserungen erreicht wurden.

Der dbb-Verhandlungsführer betonte am Dienstag in Berlin, eine Einigung sei realistisch, wenn die Arbeitgeber ein vernünftiges Angebot vorlegen. Aber wenn nicht, stünden «die Zeichen auf Sturm«. Die hohe Beteiligung an den Warnstreiks im ganzen Land habe gezeigt, »dass die Geduld am Ende ist«. Doch die Bereitschaft, in einen Erzwingungsstreik zu gehen, dürfte beim dbb wegen der unterschiedlichen Einkommensstrukturen der Mitglieder etwas niedriger sein als bei ver.di.

Nachdem an den beiden Warnstreikwellen weit über 300 000 Beschäftigte teilgenommen haben, hoffe man nun, dass die Arbeitgeberseite »die Signale gehört und verstanden hat«, sagte ver.di Sprecher Jan Jurczyk gegenüber »nd«. Nach den Warnstreikwellen hätten sie die Bereitschaft zur Schlichtung erkennen lassen. Ver.di will die Schlichtung zwar nicht, aber im Tarifkampf reicht es, wenn eine Seite sie anruft. Dann herrscht die Friedenspflicht. Der Schlichter wäre, turnusgemäß von den Arbeitgebern bestellt, der ehemalige sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt. Doch jetzt wird erst einmal verhandelt. Der heutige Tag in Potsdam beginnt mit einer Kundgebung der ver.di-Jugend. Ab 14 Uhr soll verhandelt werden, mit offenem Ende und zunächst bis Donnerstag.

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