Alter schützt vor Schulden nicht
Schufa-Studie: Generation 60+ leiht sich immer häufiger Geld für Konsumgüter
Wie kreditwürdig sind die Deutschen? Diese Frage versucht jedes Jahr aufs Neue die Schufa zu beantworten. Der aktuelle »Kredit-Kompass«, den die Wirtschaftsauskunftei am Mittwoch in Berlin vorstellte, konzentriert sich dabei besonders auf die Generation 60+. Die ist von der Wirtschaft längst als wichtige Konsumzielgruppe erkannt worden, denn sie wird in den kommenden Jahrzehnten einen immer größeren Teil der Gesellschaft ausmachen.
Und laut den Schufa-Daten sind die Älteren bereits auf einem guten Weg, sich dem Konsumverhalten der Jüngeren anzupassen. Immer mehr Menschen über 60 nehmen demnach Kredite auf: In der Altersgruppe der 60- bis 64-Jährigen habe der Anteil der Kreditnehmer in den vergangenen zehn Jahren um 41 Prozent zugenommen, so die Studie. Von den 70- bis 74-Jährigen beantragten 65 Prozent mehr einen Kredit; bei den Über-74-Jährigen hat sich die Anzahl im Vergleich zu 2001 sogar mehr als verdoppelt.
Die Älteren haben demnach in den vergangenen Jahren deutlich mehr Kredite aufgenommen, auch wenn sie immer noch seltener auf Pump kaufen als die Jüngeren. Die Zahl der Ratenkredite bei den Über-60-Jährigen erhöhte sich seit 2009 um 12,6 Prozent. Insgesamt stieg die Zahl der laufenden Kredite seit 2009 nur um gut zwei Prozent. In den vergangenen zehn Jahren haben die Deutschen allerdings allgemein mehr auf Pump gekauft: Die Zahl der aufgenommenen Kredite erhöhte sich seit 2001 um 52,5 Prozent. Dabei belief sich die durchschnittliche Höhe auf rund 7700 Euro.
Die Schufa und die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) geben als Grund für den Anstieg bei den Älteren die längere Lebenserwartung und einen Einstellungswandel an. Der Lebensstil der Generation über 60 habe sich deutlich gewandelt, sagte GfK-Finanzmarktforscher Karsten John. Fast die Hälfte wolle sich lieber »ein schönes Leben« machen als zu sparen.
Und auch die Banken täten sich nicht mehr so schwer mit der Kreditvergabe an Ältere, sagte der Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Berlin, Peter Lischke. Das sei eine vernünftige Entwicklung. Denn die Generation 60+ nimmt nicht nur mehr Kredite auf als je zuvor, sie zahlt sie auch zuverlässig zurück. Gerade mal 1,9 Prozent bedienen laut »Kredit-Kompass« demnach ihre Raten nicht, im gesellschaftlichen Durchschnitt sind die Ausfallraten etwas höher.
Ältere Menschen haben zudem ihre Finanzen oft besser im Griff als die jüngere Generation: Von 95,9 Prozent aller Über-60-Jährigen hat die Schufa demnach ausschließlich positive Daten gespeichert. Negativmerkmale wie offene Rechnungen, unbediente Kredite oder gar Privatinsolvenzen kommen in dieser Altersgruppe also recht selten vor. Im Gesamtdurchschnitt können immerhin noch 91,2 Prozent eine »positive Kreditbiografie« vorweisen.
Während die Schufa, die laut eigenen Angaben Daten von drei Viertel aller Deutschen verwaltet, dies jedoch als Erfolg verbucht, lassen sich die Zahlen auch anders lesen: Immerhin fast zehn Prozent der gespeicherten Personen sind nämlich demnach mit negativen Schufa-Einträgen behaftet, beziehungsweise gelten als nicht kreditwürdig. Das kann weitreichende negative Folgen haben, beispielsweise beim Einkauf im Internet oder bei Ratenzahlungen im Möbelhaus.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.