Opposition erhöht den Druck

Haftbefehle: Steuerabkommen soll deutsch-schweizerischen Zwist beenden

  • Lesedauer: 3 Min.
Deutschen Steuerfahndern droht die Festnahme, wenn sie in die Schweiz fahren. Trotzdem sieht die Kanzlerin das Verhältnis ungetrübt. Ein Abkommen soll alle Probleme lösen. Doch SPD und Grüne drohen mit Blockade.

Berlin (dpa/nd). Nach den Haftbefehlen gegen drei deutsche Steuerfahnder dringt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf eine rasche Beilegung des Steuerstreits mit der Schweiz. Hierfür sollte das Steuerabkommen wie geplant Anfang 2013 in Kraft treten, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Doch SPD und Grüne machen Front gegen das Abkommen, für das die Koalition im Bundesrat auf Unterstützung auch rot-grün regierter Länder angewiesen ist.

»Die Strafverfolgung deutscher Beamter würde aufhören - ebenso die mögliche Strafverfolgung von Schweizer Beamten hier in Deutschland«, sagte Seibert. Rechtssicherheit würde geschaffen. Die Opposition machte hingegen deutlich, dass gerade die Haftbefehle in ihren Augen das Abkommen in weite Ferne rücken.

»Einziges Interesse der Schweiz ist es, das Geschäftsmodell ihrer Banken zu sichern, die sich am Schwarzgeld der Welt eine goldene Nase verdienen«, sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin. »Ein Abkommen, das derartiges Handeln sichert, darf keinesfalls geschlossen werden.« SPD-Fraktionsvize Joachim Poß sagte der »Saarbrücker Zeitung«: »Die Gefahr des Scheiterns ist jedenfalls gewachsen.«

Am Wochenende war bekanntgeworden, dass die Schweiz Haftbefehl gegen drei Steuerfahnder aus Nordrhein-Westfalen (NRW) erlassen hat. Die Beamten sollen im Februar 2010 am Ankauf einer Steuer-CD beteiligt gewesen sein. Die Schweizer Bundesanwaltschaft habe bereits am 20. März ein Rechtshilfeersuchen gestellt, teilte das Bundesjustizministeriums mit.

Das Steuerabkommen wird unterdessen nachgebessert. Mit der Schweiz werde ein Änderungsprotokoll abgeschlossen, so Schäuble-Sprecher Martin Kotthaus. Mit dem Abkommen würden alle anhängigen Verfahren eingestellt, warb er. Die Straffreiheit würde rückwirkend gelten, Steuer-CDs würden nicht mehr gebraucht. Zudem seien beträchtliche Zahlungen von Deutschen zu erwarten, die ihr Geld am Fiskus vorbei in die Schweiz gebracht haben.

Der nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende Norbert Röttgen (CDU) forderte die dortige Landesregierung unterdessen auf, ihre Blockadehaltung aufzugeben. NRW könne durch das Abkommen 2,8 Milliarden Euro einnehmen, davon 1,8 Milliarden Euro sofort.

Thüringens Finanzminister Wolfgang Voß (CDU) warnte ebenfalls vor einem Scheitern des Steuerabkommens. Es gehe darum, Steuerhinterziehern ein für alle Mal das Handwerk zu legen und zumindest einen Teil des Geldes dem deutschen Gemeinwesen wieder zufließen zu lassen, erklärte Voß. Bei einer Blockade entgingen dem Freistaat bis 2020 mindestens 100 Millionen Euro.

Von 2013 an sollen Erträge deutscher Anleger in der Schweiz mindestens genau so hoch besteuert werden wie in Deutschland. Schätzungen zufolge sollen deutsche Anleger zwischen 130 und 180 Milliarden Euro illegal in das Alpenland geschleust haben.


Chronologie

  • 21. Oktober 2008: Die OECD soll eine schwarze Liste von »Sünderstaaten« erarbeiten.
  • 13. März 2009: Nach Liechtenstein und Andorra erklären sich die Schweiz, Österreich, Luxemburg und Monaco bereit, das Bankgeheimnis zu lockern.
  • 23. Juni 2009: Rund 20 OECD-Länder verständigen sich in Berlin darauf, verstärkt gegen Steuerparadiese vorzugehen.
  • 27. Oktober 2010: Deutschland und die Schweiz unterzeichnen ein Doppelbesteuerungsabkommen.
  • 10. August 2011: Beide Länder unterzeichnen einen Vertrag über die Besteuerung der Gelder deutscher Kapitalflüchtlinge auf Schweizer Bankkonten.
  • 31. März 2012: Die Schweiz erlässt Haftbefehle gegen drei deutsche Steuerfahnder. dpa
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