- Kommentare
- Meine Sicht
Das reicht nicht
Bernd Kammer zu den Zuschüssen für Hartz-IV-Mieter
Der Berliner Mieterverein hat es sofort herausgefunden: Auch zu den jetzt beschlossenen neuen Mietzuschüssen werden Hartz-IV-Betroffene in Berlin kaum eine Wohnung finden. So überfällig die neuen Richtwerte für die Kostenübernahme durch die Jobcenter auch sind, sie gehen an der Realität des Berliner Wohnungsmarktes vorbei.
Das zeigen die nackten Zahlen: Seit 2005 wurden die Richtwerte - mit Ausnahme für Ein-Personenhaushalte - nicht mehr erhöht, obwohl die Mieten seitdem um 17 Prozent gestiegen sind. Die Zuschüsse sollen jetzt jedoch nur um bis zu sieben Prozent angehoben werden.
Bisher lebten fast ein Drittel der rund 330 000 Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften in Wohnungen, die mehr kosteten, als das Jobcenter übernimmt. Wer nicht als Härtefall anerkannt wurde oder einen Teil der Miete selbst übernehmen konnte, musste die Wohnung wechseln. Im vergangenen Jahr kamen über 1300 Betroffene um diese Konsequenz nicht herum - dreimal mehr als noch 2009. Das führt zu einer Verdrängung aus der Innenstadt in Randbezirke, wo die Mieten noch günstiger sind. Die Sozialstadträte in Spandau oder Reinickendorf schlugen bereits Alarm, weil sie eine soziale Polarisierung befürchten.
Ob diese Entwicklung nun aufgehalten wird, darf angesichts der Mietentwicklung bezweifelt werden. Kleines Trostpflaster: Sieben Jahre darf der Senat mit der Anpassung der Richtwerte nicht mehr warten, dazu ist er bereits mit Erscheinen des neuen Mietspiegels im nächsten Jahr verpflichtet, wie das Bundessozialgericht festgelegt hat. Hoffentlich ist er dann großzügiger.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.