Schutz für Anwohner reicht nicht

Christine Dorn fordert eine Ausweitung des Nachtflugverbots für den neuen Hauptstadtflughafen

  • Lesedauer: 3 Min.
Christine Dorn ist Vorsitzende des Vereins zur Förderung der Umweltverträglichkeit des Verkehrs.
Christine Dorn ist Vorsitzende des Vereins zur Förderung der Umweltverträglichkeit des Verkehrs.

nd: Sie setzen sich für ein Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr am neuen Hauptstadtflughafen in Schönefeld ein und haben dazu ein Volksbegehren mitinitiiert. Haben gestern bei Ihnen die Sektkorken geknallt?
Dorn: Nein, die hätten geknallt, wenn die Richter den Forderungen des Bundesumweltamtes gefolgt wären und für stadtnahe Flughäfen ein Flugverbot von 22 bis 6 Uhr verfügt hätten.

Aber immerhin soll in Frankfurt die Nachtruhe eine Stunde länger geschützt werden als in Berlin.
Das Urteil ist für uns natürlich ein Erfolg, weil die Richter es gewürdigt haben, dass die Regionalplanung in Hessen ein Nachtflugverbot festgeschrieben hat. Das Land wollte Ausnahmen davon zulassen, das haben die Richter verhindert. Die Luftverkehrsbehörden können also nicht einfach tun und lassen, was sie wollen. Das bestätigt unseren Weg, eben über die Landesplanung in Berlin und Brandenburg zu versuchen, ein Nachtflugverbot am Flughafen Schönefeld hinzubekommen.

Dazu haben Sie das Volksbegehren in beiden Ländern gestartet und in der ersten Stufe mit jeweils 28 000 auch ausreichend Unterschriften gesammelt. Wie wird es weiter gehen?
Das werden wir jetzt im Lichte des Urteils beraten.

Müssen die Landesregierungen auf das Urteil reagieren?
In Berlin und Brandenburg versteckt sich die Politik hinter der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von 2006 und 2011, die die jetzige Regelung festschreibt. Das ist ziemlich feige und verantwortungslos. Denn es ist ja eine politische Entscheidung, wie die Bürger geschützt werden. Da nehme ich übrigens die beiden Minister der LINKEN, Ralf Christophers und Helmuth Markov, die im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft sitzen, nicht aus. Auch von ihnen ist kein Wort dagegen zu hören, dass die Flughafengesellschaft das Schutzniveau der Anwohner drücken will.

Sie spielen darauf an, dass der Flughafen bei der Umsetzung des Schallschutzprogramms täglich sechs Grenzwertüberschreitungen von 55 Dezibel einplant, die Baugenehmigung aber keine zulässt.
Ja, denn wenn schon so viel geflogen werden darf, dann muss wenigstens für ausreichend Schallschutz gesorgt werden. Doch nicht einmal zehn Prozent der betroffenen Wohnungen sind derzeit mit Schallschutzfenstern und Ähnlichem ausgerüstet. Zur Eröffnung des Flughafens am 3. Juni wird also die überwiegende Mehrheit der Haushalte ungeschützt dem Lärm ausgesetzt sein.

Was muss passieren?
Es kann nicht sein, dass die Belastungen da sind, aber Schutz davor gibt es nicht. Zumindest bis alle Lärmschutzauflagen umgesetzt sind, muss ein Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr gelten.

Das würde den wirtschaftlichen Erfolg Schönefelds gefährden, sagt die Politik
Das ist eine Schutzbehauptung. Für den Flughafen Tegel gilt ein Nachtflugverbot von 23 bis 6 Uhr, also zwei Stunden mehr als in Schönefeld geplant, und es ist nicht bekannt, dass er unwirtschaftlich ist.


Gespräch: Bernd Kammer

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