Qualmfrei übern See
Auf Bayerns staatlichen Ausflugsdampfern darf nicht mehr geraucht werden - außer vom Personal
München. Das strenge bayerische Rauchverbot hat die Ausflugsdampfer der staatlichen Seenschifffahrt erreicht. Mit Beginn der Saison auf den 34 weiß-blauen Booten darf seit Ostern nicht einmal mehr auf den Freidecks geraucht werden. So will es Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU), als Chef der Schifffahrt in staatlichem Besitz sozusagen Bayerns oberster Kapitän. »Die Seen müssen rauchfrei sein«, sagt Söder. Vor allem die Kinder an Bord will er vor dem Qualm schützen. Zudem ließen viele Raucher ihre Kippen über Bord fallen - alles andere als umweltfreundlich.
Nun die Biergärten?
Die Anordnung aus dem Hause Söder sorgt für Ärger bei Politikern und Rauchern. Die Landtags-FDP hält sie für unsinnig: Sie erfülle nur den Zweck, »sich auf dem Rücken der Raucher zu profilieren«, sagt Tobias Thalhammer, parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion. Es reiche völlig, Raucherzonen auf den Freidecks einzurichten. Die Anordnung sei im Übrigen der Vorbote weiterer Rauchverbote unter freiem Himmel. »Das Rauchverbot in Fußballstadien oder in Biergärten ist wohl nur noch eine Frage der Zeit«, mutmaßt FDP-Mann Thalhammer.
Seine Befürchtung kommt nicht von ungefähr. Die Nichtraucher-Initiative München forderte die schwarz-gelbe Staatsregierung bereits auf, endlich auch das Qualmen in Sportstadien und Biergärten zu verbieten. »Ich denke, dass dieses Rauchverbot auf den Außendecks der bayerischen Seenschifffahrt dazu beitragen wird, dass sich die Menschen und auch der Gesetzgeber entschließen, das Rauchen auch im Außenbereich von Gaststätten nicht mehr zuzulassen«, sagt der Chef der Organisation, Ernst-Günther Krause.
Der »Verein zum Erhalt der Bayerischen Wirtshauskultur« (VEBWK) spricht dagegen von einer »Kampagne gegen ein Viertel der Bevölkerung«. Er kritisiert Söders Vorstoß als Generalbevormundung durch den Staat. »Auf Kreuzfahrtschiffen auf der ganzen Welt wird in Raucher- und Nichtraucherbereiche getrennt. Warum das auf bayerischen Schiffen nicht möglich sein soll, ist uns schleierhaft«, sagt Vereinschef Franz Bergmüller. Die Anordnung Söders betrifft freilich nur die Schifffahrt auf dem Starnberger See, dem Ammersee, Tegernsee und Königssee. Dort verkehren staatliche Boote.
Auf dem Starnberger See hat die Saison an Ostern begonnen. »Wir haben aber keine Handhabe gegen die Leute«, sagt Betriebsleiter Ralph Schlemmert. Das Personal könne Raucher lediglich darauf hinweisen, auch auf den Freidecks nicht zu qualmen - mehr nicht. Hoheitliche Aufgaben erfüllten seine Männer nicht. Von der Schifffahrt auf dem Tegernsee heißt es: Kein Problem. Die längste Rundfahrt dauere gerade mal eineinhalb Stunden, so lange könne ein Raucher aushalten. Eine Sprecherin: »Bei uns ist das kein Aufreger.«
Ohne die Privaten
Zum Problem könnte allerdings werden, dass das Schiffspersonal im Freien durchaus rauchen darf. »Ein Verbot ist mitbestimmungspflichtig«, erläutert Schlemmert. Die Zustimmung wird offenbar von der Belegschaft verwehrt. Doch die Raucher unter den Bediensteten hielten sich beim Qualmen dezent im Hintergrund.
Bei den privat betriebenen Schifffahrten etwa auf dem Chiemsee oder dem Brombachsee ist das Verbot kein Thema. Marketingchef Josef Kohlpointner von der Chiemsee-Schifffahrt sagt: »Bei uns ist das Rauchen auch draußen weiterhin erlaubt.«
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