Kommunen im Osten bleiben strukturschwach
Studie zeigt große Defizite in der Gemeindefinanzierung auf
Mit differenzierten regionalwirtschaftlichen Analysen hat sich das Hallesche Institut für Wirtschaftsforschung (IWH) einen Namen gemacht. Vor dem Hintergrund der neu entbrannten Diskussion über die Folgen der West-Ost-Transfers für einige westdeutschen Regionen sind indes die Untersuchungen zur Entwicklung der finanziellen Lage ostdeutscher Städte und Gemeinden sowie deren struktureller Probleme und Besonderheiten besonders aufschlussreich. Während sich im Rückblick eine auffällige Konvergenz zum Westen im Bereich kommunaler Ausgaben abzeichne, stellen die Forscher bei der Einnahmeseite im Osten »Verharrungstendenzen« fest.
Besonders deutliche zeige sich der Angleichungsprozess bei den Personalausgaben. Durch drastischen Stellenabbau seien sie von etwa 150 Prozent der westdeutschen Personalaufwendungen auf ein etwa ähnliches Niveau gesunken. Gleiches gelte für Sozialausgaben und Sachinvestitionen.
Strukturelle Defizite auf der Einnahmeseite
Ein völlig anderes Bild ergibt sich jedoch auf der Einnahmeseite: Aufgrund struktureller Defizite im wirtschaftlichen Hinterland sowie dem durchschnittlichen Einkommensniveau zeichnen sich die ostdeutschen Kommunen durch Steuerschwäche und die Abhängigkeit von Zuweisungen der Länder aus, so das IWH. Besonders auffällig seien die kreisfreien Städte, die bei den Steuereinnahmen selbst im Vergleich zu den strukturschwachen Städten des Ruhrgebietes noch um ein Drittel zurückfallen. Letztlich führt das dazu, dass Landeszuweisungen im Osten über die Hälfte der kommunalen Einnahmen ausmachten, während es in den alten Bundesländern - ungeachtet einiger Problemgebiete - insgesamt lediglich knapp ein Drittel sind.
Resümierend stellen die IWH- Forscher fest, dass die dauerhafte und nahezu flächendeckende Abhängigkeit von Zuweisungen im Osten »ein gravierendes Strukturproblem« sei. Ähnlich stelle sich die Lage bei der Verschuldung ostdeutscher Städte und Gemeinden dar: Ohne die Schattenhaushalte - die vor allem von kreisfreien Städten durch Verlagerung der Kreditaufnahme in kommunale Gesellschaften genutzt werden - habe sich die Gesamtverschuldung zwar an das Westniveau angeglichen. Mit ihnen jedoch sei die Gesamtverschuldung je Einwohner im Osten deutlich höher, was vor allem mit Blick auf den zum Ende des Jahrzehnts auslaufenden Solidarpakt II besorgniserregend sei.
Aufschwung ändert nichts an Schwächen des Systems
Die Aussichten auf eine Beschleunigung des wirtschaftlichen Aufholprozesses in Ostdeutschland schätzen die Forscher zurückhaltend ein. Selbst wenn er eintreten und zu einem Anstieg der Steuereinnahmen der ostdeutschen Städte und Gemeinde führen würde, könnte er nach ihrer Einschätzung nichts an den strukturellen Schwächen des kommunalen Finanzsystems ändern. Die Effizienzpotenziale bei der kommunalen Leistungserstellung oder ehedem vorhandene Spielräume bei Gewerbe- und Grundsteuer seien bereits weitgehend ausgereizt. Zudem sei die finanzpolitische Nachhaltigkeit von Privatisierungen kommunalen Vermögens - wie beim Verkauf der Dresdner Wohnungsgesellschaft - nicht erwiesen.
Das IWH bringt deshalb Sonderregelungen für die ostdeutschen Kommunen ins Gespräch. So könnte die Gewerbesteuerumlage ausgesetzt oder die Bezieher von Arbeitslosenunterstützung bei der Berechnung der Zuteilung der Einkommensteueranteile für ostdeutsche Kommunen berücksichtigt werden. Da dies jedoch politisch schwer umzusetzen sei, fordern die Forscher eine grundlegende Reform der Gemeindefinanzierung, die die Berechnungsgrundlage der Gewerbesteuer erweitert und konjunkturunabhängiger macht. Auch die Grundsteuer solle modernisiert werden.
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