Sonntagsreden am 1. Mai

Kommentar von Kurt Stenger

  • Lesedauer: 2 Min.

Die europäischen Krisenmanager stehen international in der Kritik: Regierungen von Schwellenländern, die IWF-Chefin und nun auch die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) der UNO fordern eine Abkehr von der massiven Kürzungspolitik, wie sie der EU-Fiskalpakt dauerhaft festschreiben würde. Die dadurch sinkende Nachfrage macht sich in anderen Weltregionen negativ bemerkbar. Die ILO wiederum treibt um, dass der Einsparkurs die in vielen EU-Ländern ohnehin schon katastrophale Lage auf dem Arbeitsmarkt weiter verschärfen wird.

Auch für die gewerkschaftlichen Aktionen am 1. Mai in Deutschland ist das Thema damit vorgegeben. Gleichwohl kann das von oben gewählte Motto »Gute Arbeit für Europa, gerechte Löhne und soziale Sicherheit« nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der DGB und seine Einzelgewerkschaften nach wie vor mit der Solidarität für Griechenland, Portugal und Spanien schwer tun. Bisher beschränkt sie sich auf Appelle, während an der Basis die Schulden- und Sparrhetorik der Kanzlerin Richtung Süden allzu oft Gehör findet. Ob dies daran liegt, dass die Gewerkschaften vor allem in der Exportindustrie, die besonders vom Euro profitiert hat, stark vertreten sind? Allzu lange hat man die moderate Lohnpolitik zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit mitgetragen.

Für die deutschen Gewerkschaften gilt es, daraus zu lernen und eine europäische Solidarität mit langem Atem in der Alltagspolitik zu praktizieren - wenn die Sonntagsreden am 1. Mai gehalten sind.

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