Die neue Lust an Bienen

Die Zahl der Hobbyimker steigt

  • Harald Lachmann, Frankenberg
  • Lesedauer: 4 Min.
Freizeitimkern liegt im Trend. Lange Zeit war das Metier hoffnungslos überaltert. Doch seit einige Länder die Bienenhaltung fördern, wächst auch wieder das Interesse an den fleißigen wie wehrhaften Pollensammlerinnen.
Hobbyimker Beate und Sven Richter
Hobbyimker Beate und Sven Richter

Der Deutsche ist ein Süßmaul. Pro Jahr schleckt er fast sechs Pfund Honig. Wie kommt der aber ins Glas? Selbst Erwachsene wüssten das oft nicht mehr, staunt Sven Richter. Erlaubt der Hobbyzüchter stets am ersten Julisamstag - dem Tag der Deutschen Imkerei - einen Blick hinter seine Kulissen, erlebt er immer wieder verdutzte Blicke: »Es gibt welche, die bis dahin ernsthaft glaubten, ich stelle nur ein Glas unter den Stock und die Bienen geben dann gleich den Honig hinein - Deckel drauf und fertig…«, schmunzelt der 43-Jährige.

Doch die stetig wachsende Resonanz auf solche Tage freut auch den Hobbyimker aus dem sächsischen Frankenberg. Denn offenkundig erwacht derzeit in deutschen Landen eine neue Lust an Biene. Lange Jahre war die Zahl der Halter rückläufig und das ganze Metier rettungslos überaltert. Nur ein Fünftel des verzehrten Honigs wird noch hierzulande geimkert. Doch auch weil einige Bundesländer, etwa Sachsen und Bayern, finanziell etwas nachhelfen, steigt nun sogar die Zahl der Bienenfreunde wieder. Über 90 000 Imker bundesweit betreuen derzeit gut eine Million Bienenvölker.

Am besten wendet man sich dazu an einen Imkerverein, erzählt Richter. Auch er leitet solch einen Verein, mit dem er regelmäßig gut besuchte Anfängerkurse organisiert. So weiß er aus erster Hand, was viele an dieser Passion im wahrsten Wortsinn besticht: »Die Faszination der Biene an sich, also eine Königin mit ihrem emsigen Hofstaat, sowie der Reiz, eigenen Honig essen oder verschenken zu können«, so der Elektronikspezialist, der sich im Landesverband Sächsischer Imker zudem als Honig-Obmann engagiert.

Mithin gehe es kaum einem ums Geldverdienen an sich. Das liegt für ihn indes auf der Hand. Denn damit sich die Sache wirklich rechnet, brauche es schon eine große Tierzahl, sagt er. Berufsimker, von denen es in Deutschland nur noch einige Dutzend gibt, hielten wenigstens hundert Völker - und von jedem ernteten sie dann nicht unter 50 Kilo Honig.

Richter bringt es mittlerweile auch auf 52 Kilo. Das ist dann schon Hohe Schule. Doch auch ein ambitionierter Neuling schaffe bald ordentliche 25 bis 30 Kilo je Volk, versichert er. Oft wären Stadtimker sogar erfolgreicher im Honigertrag. Denn bei ihnen existiere heute eine weitaus höhere Pollenvielfalt als in ländlichen Gebieten mit ihren agrarischen Monokulturen. In der Stadt blühe dagegen immer etwas - vom Haselstrauch über Krokusse und andere Frühblüher bis zu Kirsche, Apfel und schließlich den Linden. Die Bienenstöcke stehen hier dann etwa auf Dachterrassen, Balkonen oder Flachdächern. Allein Berlin zählt 700 Stadtimker.

Natürlich werde auch er noch gestochen, lacht Richter. Aber im Grunde bearbeite er seine Völker so, dass sie sanftmütig sind. »Wenn ich eine Beute öffne und eine Biene kommt heraus und sticht sofort, tausche ich die Königin aus«, verrät er. Denn so gelinge es zumeist, das ganze Volk umzuerziehen. Letztlich sei das auch eine Frage der Sicherheit für Nachbarn und Passanten.

Der Sachse hält heute 24 Völker. Dabei hatten es, als er vor zwei Jahrzehnten begann, nie mehr als fünf, sechs sein sollen. Und auch die bereiteten schon reichlich Arbeit, versichert er. Zwei Völker sieht er denn als »guten Start« für Neulinge. Man müsse ja auch wachsen, sich erst in das Metier einlesen und vielfältige Erfahrungen sammeln, wie sie halt kein Wochenend-Anfängerkurs vermitteln könne. »Und Bienen sind nie wirklich zu beherrschen«, schmunzelt er. »Letztlich machen sie mit uns, was sie wollen.« Zudem sei halt jedes Jahr anders.

Ohne seine Frau wären es auch heute kaum fünf Völker, beteuert Richter. Einem Einzelkämpfer fehle einfach die Zeit für mehr. Beate sei nicht nur die gute Seele beim Schleudern des Honigs, sie fange auch mal einen Schwarm ein. So rät er auf seinen Kursen allen Neulingen, dringend ihre bessere Hälfte mit einzubinden. Einerseits aus ehestrategischen Gründen, »um nicht unnötig familiären Druck aufzubauen«, und andererseits aus rein fachlicher Erwägung. Denn nach seiner Beobachtung besitzen Frauen »ein unheimliches Geschick beim Entdeckeln der Wabe«, bevor es dann an das Ausschleudern geht. »Und im Übrigen«, so Richter, »wächst unter den neuen Imkern die Zahl angehender Imkerinnen derzeit sogar überdurchschnittlich.«

Wie die meisten Bienenfreunde imkern auch Richters wandernd. Ab Mitte April fahren sie mit ihnen Bienen in den Raps und die erste Waldbaumblüte, etwa Robinien, später folgen Frühblüher, Sommerblüten, Klee, Linde … »Die Vielfalt macht es«, sagt Beate Richter. Wichtig sei jedoch, die Abnehmer »nicht zu veräppeln« mit dem, was man aufs Etikett drucken lässt. Außerdem müsse der Wassergehalt im Honig stets unter 18 Prozent liegen. Leider sei dies, statistisch gesehen, bei rund zwanzig Prozent des privat vertriebenen Honigs nicht der Fall.

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