Albig und de Jager bescheiden
TV-Duell endete remis
Das TV-Duell am Mittwochabend zwischen den Anwärtern für das Ministerpräsidentenamt brachte keinen Sieger und keinen Verlierer hervor. Torsten Albig (SPD) überzeugte mit souveräner Ausstrahlung, Jost de Jager (CDU) wurde bei den Inhalten konkreter. Der Ton blieb sachlich, direkte persönliche Attacken verkniffen sich beide - womöglich sitzt man sich in Kürze bei Koalitionsverhandlungen gegenüber. Albig, den Umfragen zufolge beliebter als sein Kontrahent, wirkte routinierter, so inhaltsleer seine Botschaften auch meistens waren. Der spröde wirkende de Jager hatte als Superminister (Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wissenschaft) mehr Fakten zu bieten und den Vorteil des Regierungswissens. Nach anfänglicher Zurückhaltung wurde er angriffslustiger und wollte immer wieder von Albig hören, wie der seinen künftigen Haushalt aufstellen wolle. Dieser schwadronierte wie seit Monaten, er wolle im Dialog alle Menschen mitnehmen und das Land stärken, und das alles unter Priorität der Bildung.
Aus den Umfragen wird deutlich, dass die schwarz-gelbe Regierung abgewirtschaftet hat und Wechselstimmung vorherrscht. Doch Albig muss agieren, ohne dass er weiß, für welche gemeinsame Mehrheit es am Sonntag nach 18 Uhr reichen wird. Sich als Wechsel-Alternative anbieten, in inhaltlichen Fragen aber so unverbindlich wie möglich bleiben, damit hatte zuletzt SPD-Genosse Olaf Scholz die Hamburg-Wahl gewonnen.
De Jager war so ehrlich einzuräumen, dass die vorgenommenen Kürzungen im Sozialbereich nicht mehr zurückgenommen würden. Von Albig hörte man erstmals, dass es für die Einhaltung der Schuldenbremse, verbunden mit einer notwendigen Haushaltssanierung, keine Tabubereiche geben soll. Der Rotstift soll für einen Bürokratieabbau sorgen, neben Lehrerstellen wolle seine Partei auch bei Polizei, Justiz und Steuerverwaltung Personal reduzieren. Kurz vor Ende des Rededuells gab de Jager dann noch preis, dass er es bei den Bezügen im Regierungsapparat beim Status quo belassen möchte.
Albig will immerhin das Blindengeld wieder auf 300 Euro aufstocken. »Relativ bald«, genauer wurde er bei der Zeitplanung dafür nicht. Für das umstrittene Tunnelprojekt Fehmarnbeltquerung warben beide Kandidaten auf ihre Art - de Jager offensiv, Albig zurückhaltender und mit blumigen Worten: Auf dänischer Seite dürfe man nicht aus dem 21. Jahrhundert in den Tunnel fahren, um auf der deutschen im 19. Jahrhundert herauszukommen.
Nach der einstündigen Debatte mit Übereinstimmungen in Energie- und Verkehrsfragen und mit Unterschieden bei den Themen Bildung und Finanzen dürfte Albig seinen persönlichen Sympathievorsprung zwar nicht ausgebaut, aber immerhin behauptet haben. Bei der entscheidenden Zweitstimme rangieren beide Spitzenparteien aber vermutlich bis zum Sonntag auf Augenhöhe.
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