»Die Epidemie ist nicht aufgeklärt«

Foodwatch zieht kritische Bilanz der EHEC-Krise

  • Lesedauer: 2 Min.
Vor einem Jahr brach die EHEC-Krise aus, die insgesamt 53 Todesfälle gefordert hat. Noch immer sei die Epidemie unzureichend aufgearbeitet, kritisierte gestern die Verbraucherorganisation foodwatch.

Berlin (nd). Foodwatch widerspricht in einer gestern veröffentlichten Stellungnahme der am Vortag veröffentlichten Bilanz der Bundesministerien von Daniel Bahr (FDP) für Gesundheit und Ilse Aigner (CSU) für Verbraucherschutz. Weder der EHEC-Ausbruch sei bislang aufgeklärt noch seien die Schwachstellen in Lebensmittelüberwachung und Gesundheitsschutz analysiert, heißt es in einer 29-seitigen Analyse. Zu Beginn der Epidemie Anfang Mai 2011 habe weder das Frühwarnsystem funktioniert noch die Behördenzusammenarbeit.

Zu spät reagiert

Am 23. Mai, als sich bereits 3500 Menschen und damit 90 Prozent aller Erkrankten infiziert hatten, lag dem zuständigen Robert-Koch-Institut des Bundes lediglich eine einzige Erkrankungsmeldung vor. Die Bund-Länder-Task-Force wurde vom Bundesverbraucherministerium am 3. Juni eingesetzt und konnte kaum noch Einfluss auf den Verlauf der längst abgeschwächten Epidemie nehmen. Die erste öffentliche Warnung vor Bockshornklee-Sprossen erfolgte in Niedersachsen am 5. Juni, bundesweit erst am 10. Juni.

»Die EHEC-Bilanz der Minister Bahr und Aigner ist ein Fall von Geschichtsklitterung: Sie stellen ägyptische Sprossensamen als quasi-erwiesene Quelle der Keime dar, obwohl es dafür keinen einzigen Tatsachenbeleg gibt. Sie sprechen von einer erfolgreichen Bewältigung der Krise, obwohl ein untaugliches Meldesystem das Ausmaß der Epidemie nicht erkannt hat. Und sie loben die Zusammenarbeit von Bund und Ländern, obwohl es dazu erst kam, als der EHEC-Ausbruch seinen Höhepunkt längst überschritten hatte«, erklärte der stellvertretende foodwatch-Geschäftsführer Matthias Wolfschmidt.

Risiko unterschätzt

Für die These, dass der EHEC-Erreger über verunreinigte Bockshornklee-Samen aus Ägypten importiert und über einen Bio-Sprossenerzeuger im niedersächsischen Bienenbüttel verbreitet wurde, gebe es zwar Hinweise, aber keinen Beleg, so die Organisation weiter. So seien nur rund 300 der mehr als 3800 Erkrankungsfälle an 41 Orten auf den Bienenbütteler Sprossenhof zurückzuführen, in dem Samen aus Ägypten ausgekeimt wurden.

Die Übersicht über alle Fälle sei hingegen nie veröffentlicht worden. Foodwatch wirft den niedersächsischen Behörden vor, das von Sprossen bei Rohverzehr ausgehende Risiko unterschätzt zu haben. Sie hätten den Sprossenhof in Bienenbüttel als »Gartenbaubetrieb« und nicht als Lebensmittelhersteller eingestuft - »mit der Folge, dass er niedrigeren Hygienestandards und weniger strengen Kontrollen unterworfen war«.

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