Bahr auf Sparkurs

Bundesgesundheitsminister will Zahl der Operationen in Kliniken senken

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Die schwarz-gelbe Koalition hat sich auf neue »Eckpunkten zur Krankenhausfinanzierung« - und die haben es in sich. Unter anderem plant man eine Verschärfung der Abschläge für Krankenhäuser, die die Zahl ihrer Operationen nicht zurückzufahren.

Wird in Deutschland zu häufig operiert? Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) jedenfalls findet, es sei Zeit zu handeln. Der »Rheinischen Post« sagte er am Mittwoch, dass die Bundesregierung derzeit prüfe, »wie wir durch weitere ökonomische Anreize die immer weiter steigenden Fallzahlen in den Kliniken reduzieren können«. Deutschland sei »Weltmeister bei den Endoprothesen für Knie und Hüften«, so Bahr. Und das obwohl, »Krankenkassen und Experten bezweifeln, ob die Fallzahlsteigerungen notwendig sind«.

In den Kliniken der Republik werden nach alljährlich rund 400 000 neue Hüft- und Kniegelenke eingesetzt. Die Zahl dieser Eingriffe steigt, unter anderem, weil die Bevölkerung rasch altert. So fühlten sich denn auch einige an eine Äußerung des Junge Union-Vorsitzenden Philipp Mißfelder aus dem Jahre 2003 erinnert. Der hatte damals gemeint, er halte nichts davon, »wenn 85-Jährige noch künstliche Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen«. Der Vorstoß von Daniel Bahr scheint in diese Richtung zu zielen.

Entsprechend heftig fielen die Reaktionen aus: Der Vorsitzende der CDU-Senioren-Union, Otto Wulff, warnte vor einer »Selektierung älterer Menschen«. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte der »Bild«, das Sparen aus Prinzip dürfe nicht dazu führen, »dass Prothesen für Alte rationiert werden«.

Aber der Vorstoß des Ministers traf nicht nur auf Ablehnung: So warnte der Geschäftsführer des AOK-Bundesverbandes, Uwe Deh, vor unnötigen Operationen. Deh verwies darauf, dass der »wirtschaftliche Druck«, unter dem die Kliniken stünden, den Anreiz erhöhe, »aufgrund eines rein wirtschaftlichen Kalküls zu operieren«. Die deutschen Krankenhäuser gelten als Kostentreiber Nummer eins: Im vergangenen Jahr überwiesen die Kassen ihnen mehr als 60 Milliarden Euro. Doch rechtfertigt diese Entwicklung, dass man Menschen im Ernstfall die Operation verweigert?

Daniel Bahr beruhigte das Wahlvolk: »In Deutschland kann sich jeder darauf verlassen, die notwendige Behandlung und Operation zu erhalten, und dafür werden wir weiter sorgen«, so Bahr am Donnerstag. Allen Beteuerungen des Ressortleiters zum Trotz: Die bislang bekannt gewordenen Details aus den »Eckpunkten zur Krankenhausfinanzierung« - auf die sich die Fraktionen von Union und FDP am Mittwoch geeinigt hatten - lassen nichts Gutes erahnen. So sollen die bereits existierenden »Mehrleistungsabschläge« auf jeweils zwei Jahre verlängert und zudem verschärft werden. Die Abschläge sind der Hebel zur Begrenzung der Operationen. Sie folgen einer einfachen Formel: Wenn ein Krankenhaus viel operiert, muss es Einbußen hinnehmen. Dass diese Sanktionen greifen, zeigt ein Blick auf die Zahlen: Dank der Abschläge sparten die Kassen 2011 etwa 350 Millionen Euro.

Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie warnte in der »Ärzte-Zeitung«, die Politik dürfe »nicht die Indikation der Ärzte infrage stellen«. Der Sprecher der Gesellschaft, Hartwig Bauer, sieht die Gefahr, »dass Patienten in andere Kliniken verwiesen werden könnten, die die entsprechende Operation vielleicht nicht so häufig durchführen«. Das könne auch auf Kosten der Qualität der Operation gehen, fürchtet der Mediziner.

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