Blauregens Abschied, Zitronenpelargonies Hallo
GARTEN: Kahlfrost im Februar forderte Opfer, Frühlingssonne fördert Senkrechtstarts
Warten können gehört zwar zu den Tugenden beim Werkeln im Garten, aber in diesem Frühjahr wurde es ziemlich auf die Probe gestellt. Meine ungeduldige Nachbarin konnte ich davon überzeugen, ihre Rosen, die auch heftig unter den späten extremen Minustemperaturen gelitten hatten, nicht auszureißen. Jetzt freut sie sich, dass fast alle wieder neu austreiben.
Doch manchmal ist alles Hoffen auf in der Pflanze verborgenes Leben leider umsonst: Mein Blauregen reckt sein üppiges Astgewirr noch kahl über die Pergola an der Südterrasse. Offensichtlich hat der heftige Kahlfrost Ende Februar Blauregens Lebensgeister, die sich schon im Frühling wähnten, zerstört, und er wird sich nicht mehr in einen luftigen, grünen Sonnenschirm verwandeln. Das ist besonders betrüblich, weil es viele Jahre braucht, um so ein lebendiges Dach wachsen zu lassen. Jetzt überlege ich, ob vielleicht der wilde Wein dazu »überredet« werden könnte, sich teilweise vom Haus zu lösen und als Schattenspender auf den Streben der Pergola entlang zu balancieren.
Die Feige hat es ebenfalls wieder erwischt, obwohl sie dick eingepackt war. Aber auch sie hatte sich wohl schon ob der milden Temperaturen bis Ende Februar auf Wachsen eingestellt. Sie treibt allerdings wieder aus. Nur Früchte wird sie dieses Jahr leider nicht liefern können.
Für den Abschied des Blauregens ist sie zwar kein Ausgleich, aber über das üppige Grün der zarten Vogelmiere, die es sich in einem Pflanzkübel bequem gemacht hat, kann ich mich trotzdem freuen. Zumal es äußerst komfortabel ist, sie in dieser Höhe sauber mit der Schere zu ernten. Das weltweit verbreitete Nelkengewächs, das quasi das ganze Jahr da ist, sprießt und blüht unbekümmert vor sich hin, liefert mineralstoff- und vitaminreiches Grün für Salate, Kräuterbutter und -quark. Getrocknet wird es in der Heilkunde auch als Hustentee verwendet, weil es dank seiner Saponine schleimlösend wirken soll.
Vogelmiere ist aber auch für den Boden gut; mit ihrem zarten Wurzelgeflecht hält sie sich fest und bildet durch lange oberirdische Triebe eine schützende Decke, die die Feuchtigkeit hält, was unseren Gemüsepflanzen gut bekommt. Seit der jüngeren Steinzeit ist sie eine Art Kulturbegleiter, was für ihre außerordentliche Anpassungsfähigkeit spricht. Durch ihren Stoffwechsel schließt sie, wie andere Wildkräuter, Spurenelemente und Mineralien zum Nutzen von Kulturpflanzen auf. Auch dass sie quasi das ganze Jahr hindurch blüht, weist auf ihre Stärke hin. Ihre Blüten locken Insekten an, die Gemüse und Obstpflanzen bestäuben oder sich über Schädlinge hermachen. Was will ich mehr? Diesen kostenlosen Gartenhelfer kann man doch nicht nur zum Fressen gern haben.
Rund ums Jahr lässt sich frisches duftendes Grün auch von der Zitronenpelargonie ernten, die sich in erstaunliche Höhe geschwungen hat. Das tun diese aromatischen Pflanzen (für Tee, Süßspeisen, Kuchen) bei mir schon viele Jahre, doch noch nie hatte ich eine so zielstrebig aufwärts wachsende. Sie ist ein Neuaustrieb aus altem Holz und schon über 170 Zentimeter hoch. Vielleicht wollte sie nachsehen, wie es dem erfrorenen Blauregen dort oben geht ... Im vorigen Sommer stand sie nämlich unter seinem schützenden Dach. Normalerweise kommt sie ab Mai in den Garten, aber bei der Länge wird es wohl schwierig, sie vor Windbruch zu schützen.
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