SYRIZA lehnt breite Koalition ab
Griechisches Linksbündnis lässt Parteiengespräch scheitern / Neuwahl rückt näher
Hoffnungsträger der Spekulanten ist der Vorsitzende der Demokratischen Linken, Fotis Kouvelis. Seiner Partei soll zugemutet werden, unter Bruch sämtlicher Wahlaussagen eine Dreiparteienkoalition mit Antonis Samaras und Evangelos Venizelos einzugehen. Entsprechende Vorschläge wurden am Donnerstagabend von Sprechern sowohl der konservativen Nea Dimokratia als auch der PASOK-Sozialisten gemacht.
Demgegenüber betonte Kouvelis noch am Freitag, für seine Partei käme nur eine »ökumenische Regierung« in Frage, bei der auf jeden Fall auch die Linksallianz SYRIZA vertreten sein müsse. Diese aber schließt eine Koalition mit den beiden Vertretern der Austeritätspolitik nach wie vor kategorisch aus. Am Freitagabend bekräftigte SYRIZA die Ablehnung nach einem Treffen von Vertretern mehrerer Parteien.
Neue Umfragen zeigen, dass sich die von den Wählern am letzten Sonntag eingeleitete Linkswende bei einem erneuten Urnengang noch verstärken würde. Mit Werten von 23 bis 27 Prozent wird SYRIZA dabei ein weiterer Aufschwung und die Übernahme der Rolle als stärkste Kraft im Parlament prognostiziert. Die Nea Dimokratia würde ihr Ergebnis von 18,8 Prozent etwa halten, alle anderen Parteien müssten mit Verlusten rechnen. An der Zusammensetzung des Parlamentes würde sich fast nichts ändern. Weder wird einer derzeit außerparlamentarischen Partei der Sprung über die Dreiprozenthürde prognostiziert, noch droht eine der am Sonntag ins Parlament gewählten Parteien an dieser zu scheitern.
Unterdessen hat sich der voraussichtliche Sieger einer Neuwahl mit einem Brief an die Präsidenten von Kommission, Europarat und Europäischem Parlament gewandt. Darin werden die europäischen Führungskräfte aufgefordert, zur Kenntnis zu nehmen, dass »die Stimme des griechischen Volkes am 6. Mai« das mit den Gläubigern vereinbarte Memorandum über die Austeritätsmaßnahmen »politisch isoliert« habe.
SYRIZA-Chef Alexis Tsipras weist darauf hin, dass das Abkommen nicht nur seine eigenen Ziele verfehlt hat. Es habe auch darin versagt, »den strukturellen Ungleichgewichten und Ungleichheiten der griechischen Ökonomie zu begegnen«. Griechenland sei das einzige Land Europas, das »in Friedenszeiten, 2012 im fünften Jahr in Folge, eine tiefe Rezession durchläuft«. Von den »katastrophalen Entscheidungen« der Sparpolitik werde »die gemeinsame Zukunft der europäischen Völker bedroht«, gibt Tsipras zu bedenken und schließt damit, dass »das Problem der Krise ein europäisches ist und die Lösung deswegen auf europäischer Ebene gefunden werden muss«.
Aus Deutschland kamen in diesem Zusammenhang am Freitag neue Drohungen. Außenminister Guido Westerwelle warnte Griechenland davor, von seinen Sparzusagen gegenüber den EU-Institutionen und dem Internationalen Währungsfonds abzuweichen. »Wenn der verbindlich vereinbarte Reformweg verlassen werden sollte, dann ist die Auszahlung weiterer Hilfstranchen nicht mehr möglich«, drohte der Minister am Freitag in einer Regierungserklärung zur Europapolitik im Bundestag. »Was vereinbart ist, muss gelten«, sagte er zu Forderungen griechischer Politiker, das Spardiktat mit der EU nachzuverhandeln.
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