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Laut und lächerlich
Andreas Fritsche sieht eine Airport-Provinzposse
Berlin wirkt wie eine Weltstadt und gibt sich auch gern so, ist bei genauem Hinsehen aber oft auch schrecklich provinziell. Die verzögerte Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens »Willy Brandt« in Schönefeld passt sehr gut dazu. Das ist doch eine Provinzposse: Die geplante Inbetriebnahme am 3. Juni kurzfristig abgesagt und schließlich auf den März verlegt - und trotzdem ist die Flughafengesellschaft eventuell immer noch nicht in der Lage, alle Anwohner rechtzeitig mit Spezialfenstern und Lüftungsanlagen zu versehen, damit sie wenigstens einigermaßen vor Fluglärm geschützt sind.
Die Besitzer von lediglich 1360 Häusern und Wohnungen haben bisher Geld für den Schallschutz bekommen. Mindestens 26 000 Betroffene haben aber einen Anspruch. Freilich weigern sich etliche Anwohner, die Vereinbarung zur Kostenerstattung zu unterschreiben. Aber sie haben triftige Gründe dafür. Wäre die Flughafengesellschaft großzügig und kulant, könnten die Schwierigkeiten aus der Welt geschafft werden.
Doch damit nicht genug. Die Anrainer des alten Flughafens in Berlin-Tegel müssen nun auch noch monatelang höhere Belastungen hinnehmen. Täglich eine Stunde länger wollen die Airlines dort starten und landen. Die eigentlich für den Großflughafen in Schönefeld vorgesehenen zusätzlichen Flüge müssten sonst ausfallen. Die Anwohner sollen nun einfach mal die Zähne zusammenbeißen und den Lärm aushalten.
Mit Häme wegen der Verzögerung gerechnet hat der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Flughafengesellschaft, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Ursache und Wirkung dürfen allerdings nicht verwechselt werden. Die Flughafengesellschaft wurde nicht etwa lächerlich gemacht, sie hat sich selbst blamiert - so gut sie konnte!
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