Führungsfiguren
Zwei neue Kandidatinnen wollen die LINKE führen, Flügelquoten interessieren sie nicht
In der Begründung seiner Entscheidung sprach sich der saarländische Fraktionschef für einen Neuanfang »jenseits der bisherigen Konfrontationslinien« aus. Am Vortag hatte mit der sächsischen Bundestagsabgeordneten Sabine Zimmermann eine erste Frau ihre Kandidatur für den Parteivorsitz angekündigt und diesem »Jenseits« formal und auf den ersten Blick ein Gesicht gegeben. Doch beim genaueren Hinsehen handelte es sich dabei noch um einen Vorstoß im Rahmen der bisherigen Flügellogik.
Die Arbeitsmarktpolitikerin und als solche anerkannte Fachfrau beteuerte, für keine Seite anzutreten. Vielmehr wolle sie die »Inhalte der LINKEN wieder in den Vordergrund stellen«, wie sie gegenüber »nd« sagte. Nach dem Scheitern des Gesprächs zwischen Bartsch, Lafontaine und Parteichef Klaus Ernst am Sonntag habe sie sich entschieden. Die Partei müsse aus der Sackgasse heraus. Flügel spielten für sie keine Rolle.
Sie kann auf die Satzung verweisen, dort ist nur eine Frauenquote verankert. Doch es gibt in dieser Partei ungeschriebene Regeln. Doch wenn wie bisher zugleich auch die Quotierung nach Ost und West sowie nach der Zugehörigkeit zu den verschiedenen Flügeln der Partei gelten soll, konnte Sabine Zimmermann als Ostfrau nur an der Seite von Lafontaine gewählt werden. Dass ihr das klar war, zeigt auch ihre Unterschrift unter den Aufruf »Für eine starke LINKE 2013! Für Oskar Lafontaine!«. In diesem heißt es: »Wir wollen, dass DIE LINKE wieder zu einer starken und kraftvollen Partei wird und sind überzeugt, dass dies mit Oskar Lafontaine am besten gelingen wird. Wir fordern deshalb Dietmar Bartsch auf, seine Kandidatur für den Parteivorsitz zurückzuziehen...« Parteichef Klaus Ernst, der aus seiner Unterstützung für Lafontaine kein Hehl machte, twitterte: »Ich freue mich darüber, dass mit Sabine Zimmermann eine hervorragende Kandidatin für das Amt der Vorsitzenden der LINKEN antritt.«
Sie sei auch bereit, in weiblicher Doppelspitze zu kandidieren, so Zimmermann. Diese ist das Ziel einer Gruppe um die Parteivizevorsitzende Katja Kipping, in deren Gespräche Zimmermann allerdings bisher nicht einbezogen ist. Die Bekanntgabe eines Personalvorschlags dieser Gruppe wird für den heutigen Mittwoch erwartet. Bisher deutete sich eine Kandidatur der NRW-Landesvorsitzenden Katharina Schwabedissen an, die allerdings noch Beratungsbedarf mit ihrem Landesvorstand sowie mit ihren Söhnen sah. Auch der Rückzug Oskar Lafontaines wird das grundlegende Unwohlsein über den Verlauf der Personaldebatten beim innerparteilichen Zusammenschluss der Emanzipatorischen Linken nicht heilen, der die geistige Urheberschaft dieses dritten Weges für sich beanspruchen kann. »Dass dabei die weibliche Seite des Parteivorsitzes als Verhandlungsmasse zwischen den beiden erklärten oder angedeuteten Kandidaturen verwendet wird, ist absolut unhaltbar«, hieß es in einer Erklärung der beiden Sprecher, Julia Bonk und Olaf-Michael Ostertag, vom Dienstag.
Doch auch abseits der Planungen eines dritten Weges, der nun, nach Lafontaines Rückzug, überraschenden Aufwind erhalten könnte, gibt es Bewegung. So hat sich mit Sarah Waterfeld eine wissenschaftliche Mitarbeiterin im Büro des Bundestagsabgeordneten Roland Claus am Montag offiziell als Kandidatin beworben. Am selben Tag wurde sie auch Mitglied der Partei. Über Bartsch oder Lafontaine hat sie sich bei ihrer Entscheidung keine Gedanken gemacht. »Es geht um eine Erneuerung der Partei als Teil der internationalen Linken«, sagt sie.
Das klingt nach viel Vertrauen und abstrahiert von den Spielregeln der Partei. Die trotzdem weiter gelten. Das dürfte sich in den innerparteilichen Reaktionen auf Lafontaines Erklärung zeigen.
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