Der Staat als Zwischenhändler bei Strom
Britische Regierung legte neues Energiegesetz vor - mit Atomkraft gegen den Preisanstieg
Fünf Millionen Briten leiden unter Heizarmut - darunter fallen per Definition die Haushalte, die mindestens zehn Prozent ihres Einkommens für Heizkosten ausgeben. Im vergangenen Jahr sind die Energiekosten im Durchschnitt um 150 Pfund (190 Euro) pro Haushalt gestiegen. In dieser Woche legte die britische Regierung jetzt ihre Pläne zum Schutz vor steigenden Preisen vor. Diese sind Teil eines Gesetzesentwurfs, der als größte Veränderung des Energiesektors seit 20 Jahren betrachtet wird. »Diese Reformen stellen sicher, dass das Licht weiterhin funktioniert, die Rechnungen sinken und die Luft sauber bleibt«, versicherte Ed Davey, Staatssekretär für Energie und Klimawandel.
Großbritannien ist bisher stark von Atomenergie abhängig, wobei die AKW überaltert sind. Jedes fünfte soll eigentlich in den nächsten Jahren vom Netz gehen. Um wie geplant neue Meiler zu bauen, reicht das Geld nicht. Damit kein Stromengpass entsteht, beschloss das Ministerium für Energie und Klimawandel nun, die Laufzeiten von acht alternden Atomkraftwerken des französischen Konzerns EDF über ihre geplante Nutzungsdauer hinaus zu verlängern. Hinkley B in Somerset und Hunterston B in Ayrshire sind unter den Anlagen, die nach einer Sicherheitsüberprüfung länger als bis 2016 am Netz bleiben dürfen.
Die drohende Energiekrise soll auch durch Eingreifen des Staates in den Markt gelöst werden. Die Pläne sehen vor, dass die Regierung den Erzeugern CO2-reduzierter Energie - darunter AKW-Betreibern - Strom zu einem Fixpreis abkauft, der über den Marktpreisen liegt. Dadurch will die konservativ-liberale Regierung private Investoren dazu bewegen, neue Kraftwerke zu bauen. Und sie umgeht das EU-Verbot, Atomenergie zu subventionieren. Kritiker sind besorgt, dass auch diese Maßnahmen nicht zu sinkenden, sondern zu mindestens kurzfristig steigenden Strompreisen führen werden.
Laut Gesetzesentwurf soll der Ausstoß von Treibhausgasen bis 2020 um 34 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden. Zu diesem Zweck sollen neu entstehende Kohlekraftwerke die umstrittene Technologie zur Abscheidung und Speicherung von CO2 nutzen. Gefördert wird auch die energetische Sanierung von Gebäuden. Die erneuerbaren Energien sollen zukünftig 15 Prozent des Gesamtenergieverbrauches ausmachen, wobei der Fokus auf Windkraft gesetzt wird. Rund 100 Firmen der Branche bestätigten in einer Charta des Verbandes RenewableUK, dass sie sich an einem Ausbau dieses Sektors beteiligen werden, um Arbeitsplätze zu schaffen und die Kosten für Windenergie zu senken. Der von der Regierung angestrebte Preis für Offshore-Windstrom soll bis 2020 um ein Drittel sinken.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.