Stockholmer Pro-NATO-Kampagne
Doch viele Schweden sagen Nein zu einem Allianz-Beitritt
Für die Zentrumspartei ist klar: In der Zusammenarbeit Schwedens mit der NATO wurde ein Punkt erreicht, für den eine nur Quasi-Mitgliedschaft in der westlichen Allianz nicht mehr ausreicht. Auch die renommierte Tageszeitung »Svenska Dagbladet« fragte jetzt: »Wann sind wir endlich richtiges NATO-Mitglied?« Und ein ehemaliger Oberbefehlshaber der schwedischen Streitkräfte wollte allen Zauderern das Gewissen erleichtern, indem er darauf hinwies, dass Schweden ja auch im Kalten Krieg niemals wirklich neutral gewesen sei.
Höhepunkt der Pro-NATO-Kampagne war ein gemeinsamer Zeitungsauftritt von Premierminister Frederik Reinfeldt, Außenminister Carl Bildt und der neuen Verteidigungsministerin Karin Enström, die von einer friedenssichernden, kooperativen »neuen NATO« sprachen, die da herangewachsen sei, und die mit dieser Entwicklung auch die Frage nach dem Verhältnis Schwedens zur Allianz »entdramatisiert« sehen wollen. So reisten sie gleich im Dreierpack als Teilnehmer zum Treffen der »willigen Koalition« und der »Partnerschaft für den Frieden« beim NATO-Gipfel nach Chicago. Aufgrund der aus Sicht der USA und der NATO beispielhaften militärischen Aktivitäten Schwedens in Afghanistan und im Libyen-Krieg (Luftaufklärung) wurde der Stockholmer Regierung sogar die Ehre zuteil, dieses Treffen zu eröffnen.
Aber es gibt auch scharfe Kritiker wie Pierre Schori, einst UNO-Botschafter des Landes und internationaler Sekretär in der Sozialdemokratischen Partei Olof Palmes. Das Zentrum für Studien zu Gesellschaft und Militär an der Universität Göteborg (SOM) veröffentlichte nach dem Gipfel von Chicago seine neuesten Werte für die seit Mitte der 1990er Jahre untersuchten Einstellungen der schwedischen Bevölkerung gegenüber der NATO. Dabei zeigt sich, dass zwei bis drei Mal mehr Schweden keinen NATO-Beitritt wünschen als es Befürworter gibt. Auf die Frage, ob »die militärischen Auslandseinsätze es wert sind, dass schwedische Soldaten verwundet oder getötet werden«, antworteten 66 Prozent mit nein, wobei im Lager der regierenden bürgerlichen Parteien bis zu 44 Prozent der Befragten zustimmten. Bei den Sozialdemokraten, Grünen und Linken waren es lediglich 24, 23 bzw. 16 Prozent.
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