Hollande will jetzt auch Mehrheit im Parlament
Präsident wirbt um Wählerstimmen, Premier Ayrault nimmt sozialen Dialog auf
Es war François Hollandes wichtigste Aussage in seinem ersten Interview seit der Wahl zum Präsidenten, welches er am Dienstagabend dem Fernsehsender France 2 gegeben hatte. Dazu hatte er selbst ins Studio des Senders begeben, während sein Amtsvorgänger Nicolas Sarkozy in solchen Fällen die Journalisten mitsamt der aufwändigen Fernsehtechnik ins Elysée kommen ließ. Das gehört auch zum neuen, betont einfachen und kostensparenden Regierungsstil, machte Hollande deutlich.
In einer Zusammenfassung seiner ersten außenpolitischen Aktivitäten zeigte er sich überzeugt, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Haltung zur Finanzpolitik in der Eurozone ändern wird. »Wir sind in manchem nicht einer Meinung, aber sie musste die Wahl der Franzosen respektieren, sie hat auch schon die Notwendigkeit anerkannt, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, und schließt selbst Eurobonds für die Zukunft nicht mehr aus«, sagte er. Zum Konflikt in Syrien befürwortet Hollande ein militärisches Eingreifen, um »zu verhindern, dass Assad weiter sein eigenes Volk massakriert«, jedoch nur bei »Respektierung des Völkerrechts«.
Zur künftigen Sozialpolitik befragt, kündigte Hollande unter anderem eine Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns (SMIC) an, dessen Entwicklung in den letzten fünf Jahren hinter der Inflationsrate zurückgeblieben war. Diese Erhöhung werde allerdings relativ bescheiden ausfallen, um nicht die kleinen und mittleren Unternehmen zu überfordern.
Der SMIC spielte auch eine große Rolle bei den Konsultationen, zu denen Premierminister Jean-Marc Ayrault die Spitzen der großen Gewerkschaften und Unternehmerverbände empfing. Dabei forderte beispielsweise der Gewerkschaftsverband Force Ouvrière einen Netto-SMIC von 1340 Euro. Er beträgt derzeit 1098 Euro. Dagegen warnten die Unternehmerverbände vor einer Erhöhung der Mindestlöhne wie auch vor der Rückkehr zur Rente mit 60, weil dies die im europäischen Vergleich bereits höheren Kosten für die Betriebe weiter steigen lasse.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft CGT, Bernard Thibault, legte dem Premier eine Liste von 46 Unternehmen vor, die vor der Pleite stehen oder in denen massive Entlassungen vorbereitet werden, und forderte von der Regierung Maßnahmen, um dies zu verhindern. Ayrault kündigte an, dass die Vorstandsvorsitzenden von Unternehmen, wo der Staat alleiniger oder Mehrheitseigner ist, künftig maximal 20mal soviel verdienen dürfen wie ihr am niedrigsten entlohnter Mitarbeiter. Damit müssen sich beispielsweise die Chefs von EDF, Areva und der Post auf Kürzungen ihrer Bezüge e zwischen 41 und 68 Prozent einstellen.
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