Kritik in der Koalition an Herdprämie reißt nicht ab
Sieben von zehn Deutschen gegen Betreuungsgeld
Köln (epd/nd). Die Kritik am Betreuungsgeld aus den Reihen von FDP und CDU reißt auch nach dem Kabinettsbeschluss zur Einführung der Leistung nicht ab. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Jarzombek forderte in der »Passauer Neuen Presse«, allen Eltern mit Kleinkindern das Betreuungsgeld auszuzahlen. Dies müsse unabhängig davon geschehen, ob die Eltern arbeiteten und wie die Kinder betreut würden. Die Vorsitzende des Familienausschusses im Bundestag, Sibylle Laurischk (FDP), machte in der »Rheinischen Post« erneut verfassungsrechtliche Bedenken geltend. Sie sei skeptisch, ob der Bund überhaupt zuständig sei. Zudem sei bislang nicht die Frage beantwortet worden, »was eigentlich der Zweck des Betreuungsgeldes ist«, rügte die FDP-Politikerin. Sie behalte sich vor, »dem Gesetz nicht zuzustimmen«. Aus dem selben Grund lässt Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) eine Verfassungsklage prüfen.
Mehr als zwei Drittel der Deutschen (69 Prozent) lehnen das von der Bundesregierung beschlossene Betreuungsgeld ab, wie eine Umfrage des Instituts Infratest dimap im Auftrag der ARD ergab. Unterstützt wird die Idee von 29 Prozent. Wenn sie ein Kind unter drei Jahren hätten, würden es 68 Prozent der Befragten eher in einer Kindertagesstätte schicken. Auf einen Kita-Platz verzichten und dafür Betreuungsgeld in Anspruch nehmen würde der Umfrage zufolge jeder Vierte.
Der Bundeskabinett hatte am Mittwoch die Einführung des Betreuungsgeldes beschlossen. Angesichts der Zustimmung der FDP-Spitze zu der umstrittenen Leistung sprachen SPD und Grüne von einem Deal. Das Kabinett hatte zugleich mit dem von der CSU durchgeboxten Betreuungsgeld die Förderung der privaten Pflegevorsorge verabschiedet, die von den Liberalen gefordert worden war.
Das Gesetz soll noch vor der Sommerpause das Parlament passieren. Die erste Beratung im Bundestag ist für den 15. Juni angesetzt. Das Betreuungsgeld erhalten Eltern, die ihr Kleinkind nicht in eine staatlich geförderte Kinderbetreuung geben. Sie sollen von 2013 an 100 Euro monatlich für einjährige Kinder und ab 2014 monatlich 150 Euro für ein- und zweijährige Kinder bekommen.
Die Kritiker fordern vor allem, das Geld in den Kita-Ausbau zu investieren. Ab August 2013 haben Eltern einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für Kinder unter drei Jahren. Derzeit fehlen noch 160 000 Plätze.
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