Südafrikas Autofahrer sind zornig
Gewerkschaft unterstützt Widerstand gegen Maut
Der Benzinpreis ist in vielen Ländern spannungsbeladen: Gerade in armen Ländern können Preiserhöhungen mit ihren Folgen auf Mobilität und über die Transportkosten vermittelt auf die Lebensmittelpreise Volksaufstände auslösen. So weit ist es im Schwellenland Südafrika nicht, doch Unmut über Preissteigerungen und angedachte Mautgebühren sind weit verbreitet.
Wütend sind vor allem viele Autofahrer in der Region Gauteng. Im großen Ballungsgebiet zwischen der Hauptstadt Pretoria und der Wirtschaftsmetropole Johannesburg, wo fast 20 Millionen Menschen leben, will die Regionalregierung eine Autobahnmaut einführen. Seit Monaten laufen zahlreiche Initiativen gegen die Autobahngebühren. An die Spitze des Protestes hatte sich der einflussreiche Gewerkschaftsdachverband COSATU gestellt. Dessen Generalsekretär Zwelenzima Vavi lehnte die Maut als untragbare Belastung für viele arme Südafrikaner ab.
Vorgesehen hatte die ANC-Regionalregierung die Einführung der Autobahnmaut für Anfang Mai. Ende April, nur zwei Tage vor dem geplanten Inkrafttreten, wurde die Gebühr jedoch dank einstweiliger Verfügung gerichtlich gestoppt. Fast gleichzeitig verhandelte COSATU mit der ANC-Regionalregierung und erreichte einen Aufschub von einem Monat.
Die teuer installierten elektronischen Mautschranken des Betreibers SANRAL, der südafrikanischen Straßenagentur, belasten seitdem die Steuerzahler, denn der Fiskus muss für die ausgebliebenen Einnahmen einstehen. So lässt denn auch vor allem das südafrikanische Finanzministerium nichts unversucht, per Gerichtsbeschluss freie Fahrt für die Maut zu erhalten.
Eine endgültige Entscheidung über die Maut könnte sich jedoch hinziehen, denn im Hintergrund spielt die große Politik mit. Jacob Zuma, Südafrikas Präsident, will im Dezember wieder an die Spitze des ANC gewählt werden. Bisher sah alles nach einem klaren Sieg für ihn aus. Doch nun mehren sich die Anzeichen, dass Wohnungsbauminister Tokyo Sexwale gegen ihn antreten könnte. Ärger mit Millionen von Autofahrern und mit COSATU stört da nur. Ein längerer Aufschub der Maut bis ins nächste Jahr ist daher denkbar.
Verärgert sind die Johannesburger Autofahrer aber auch noch aus einem anderen Grund. Seit einigen Wochen sind Parkplätze in einigen belebten Straßen der Johannesburger Vororte zu bezahlen. Was seit einiger Zeit für Teile der Innenstadt gilt, will die Stadtverwaltung nun Schritt für Schritt auch in den Vororten Johannesburgs einführen.
Im Norden tobt seitdem der Bürgerzorn. Bislang waren Parkplätze kostenfrei. Nun kostet eine Stunde umgerechnet 1 Euro. Überall an den Geschäften sind Plakate zu sehen, die sich über die neue »Abzocke« der Stadt beschweren. Geschäftsleute sprechen von Umsatzeinbußen und organisieren politischen Widerstand.
Verärgert sind die Menschen auch deshalb, weil die städtischen Leistungen in den vergangenen Jahren reduziert wurden. Die Stadtverwaltung ist klamm. Tausende Rechnungen für Wasser und Strom sind unbezahlt. Einerseits, weil viele Menschen arm sind, andererseits aber auch, weil viele der Rechnungen falsch sind. Viele haben deshalb einfach vor Ärger aufgehört, zu bezahlen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.